Die ÖVP befindet sich (wieder einmal) in heller Aufruhr: Diesmal nicht wegen erneuter Korruptionsvorwürfe gegen den Ex-Chef und Kollegen, schlechter Umfragewerte, verlorener Wahlen oder allgemeinen Politikversagens, sondern weil der ORF und der Filmfonds Wien einen Kinofilm über das „Projekt Ballhausplatz“ fördern und mitfinanzieren wollen, wie kürzlich bekannt wurde.

„Projekt Ballhausplatz“ ist das Schlagwort für die Machtübernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz vor einigen Jahren, die, so legen Dokumente und Aussagen von Insidern nahe, minutiös und im Detail geplant war. Es soll sogar verschriftlichte Dokumente des Vorhabens mit ebenjenem Titel geben, die in der ÖVP zirkulierten. Die Methoden, mit denen Kurz seinen Vorgänger als Parteichef aus dem Amt drängen und das Kanzleramt gewinnen wollte, wurden vielfach diskutiert und belegt, derzeit sind österreichische Gerichte damit befasst. Unter anderem wegen gefälschter und falsch verrechneter Umfragen wird gegen Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Kurz, aber auch die ÖVP ermittelt. Dass es nun Filmemacher gibt, die diesen in den letzten Jahrzehnten in Österreich einmaligen Vorgang – und sein kolossales Scheitern – verarbeiten wollen, ist kaum überraschend. Und vermutlich sogar dringend notwendig. Übrigens: Auch H.C. Straches „Ibiza-Video“ wurde als Serie verfilmt.

Dass die ÖVP nun öffentlich mit schierer Panik auf die Ankündigung dieser Verfilmung reagiert und Fördergeber wild attackiert, ist bezeichnend und Beleg dafür, dass man sich weiter hartnäckig weigert, sich von der Kurz-Vergangenheit zu lösen oder sie aufzuarbeiten. Dass dabei auch der ORF angegangen wird, ist doch etwas überraschend bis lächerlich: Immerhin hat die ÖVP selbst den neuen ORF-Chef Roland Weißmann nominiert, der österreichische Rundfunk ist seitdem strikt auf Regierungslinie, in welcher bekanntlich auch die ÖVP als Seniorpartner sitzt.

In der letzten Woche häuften sich geradezu hysterisch anmutende Presseaussendungen, die an die Redaktionen des Landes und die Öffentlichkeit gingen. Die Rede ist dort von „plumper Parteipropaganda“, „Verbreitung linker Ideologien“ und „links-linker Verleumdung“. So interpretiert die ÖVP offenbar das Vorhaben, fragwürdige, amoralische bis potenziell kriminelle innenpolitische Vorgänge (filmisch) aufzuarbeiten und abzubilden. Einige Auszüge:

„Die ÖVP übt scharfe Kritik an ORF für öffentliche Finanzierung offensichtlich plumper Parteipropaganda. Laut medialen Berichten wird ein vermeintliches, nie als authentisch erwiesenes ‚Projekt-Ballhausplatz‘ mit öffentlichen Mitteln finanziert. Der ORF kommt seinen gesetzlichen Programmauftrag nicht nach, im Gegenteil, er unterstützt linke Parteipropaganda. Nach allem was man bisher weiß, wird das bloß eine links-linke Verleumdung gegenüber des ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz“, so der Mediensprecher der Volkspartei, Kurt Egger in einer Aussendung vom 11.2.

„Es ist mehr als nur fragwürdig, wieso mit Steuergeld ein Film finanziert wird, der nach dem jetzigen Informationsstand auf die Denunziation einer demokratisch legitimierten Partei abzielt. Die öffentliche Finanzierung soll nicht der Verbreitung linker Ideologien dienen“, so wird der Klubobmann der Wiener ÖVP Markus Wölbitsch in einer anderen Aussendung vom 15.2. zitiert. Diese wurde verschickt, als nach dem ORF auch der Filmfonds Wien die Förderung für den Kinofilm „Projekt Ballhausplatz“ zugesagt hatte. Und weiter: „Unter dem Deckmantel eines Dokumentarfilms haben die Initiatoren eine weitere Möglichkeit gefunden, eine erfolgreiche Regierungspartei anzupatzen. Der Missbrauch einer öffentlichen Institution durch die SPÖ und das SPÖ Netzwerk spiegelt die verantwortungslose Haltung führender Kräfte der Sozialdemokratie wider (…)“. Wen Wölbitsch mit „erfolgreiche Regierungspartei“ meint, ist indes leider nicht zu entschlüsseln. (ck)

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