Carol Danvers alias Captain Marvel (Brie Larson) hat in „The Marvels“ ihre Identität von den tyrannischen Kree zurückerobert und Rache an der Obersten Intelligenz genommen. Die unbeabsichtigte Folge ihrer Tat ist jedoch, dass Carol die Last eines instabilen Universums auf sich nehmen muss. Sie wird mit einem mysteriösen Wurmloch konfrontiert, das mit einem Kree-Revolutionär in Verbindung steht, und ihre Kräfte verweben sich plötzlich mit denen von Superfan Kamala Khan aus Jersey City aka Ms. Marvel (Iman Vellani) und von Carols entfremdeter Nichte, der jetzigen S.A.B.E.R.-Astronautin Captain Monica Rambeau (Teyonah Parris). Das ungleiche Trio muss ein Team bilden und lernen, an einem Strang zu ziehen, denn nur gemeinsam als „The Marvels“ können sie das Universum retten.

von Christian Klosz

„The Marvels“ machte bereits Schlagzeilen, allerdings keine positiven: Den schlechtesten Kinostart eines MCU-Films bisher bescherte er dem Franchise, auch die Kritiken sind durchwachsen. Viel ist die Rede von der „Superhelden-Müdigkeit“ und dem Problem, dass nach der selben Formel am Reißbrett entworfene Franchise-Massenware das Publikum nicht mehr lockt. „The Marvels“ hat rund 250 Mio. US-$ gekostet und wird am Ende als Verlustgeschäft in die Geschichte eingehen, das mitunter das endgültige Ende des Superhelden-Hypes markieren könnte. Dabei ist der Flop auf allen Ebenen verdient.

Denn neben erstmals 3 weiblichen Hauptfiguren und viel CGI-Bombast hat „The Marvels“ null zu bieten. Die Story: Seelenloser Marvel-Dadaismus (siehe Einleitung), inkohärent, überladen, verwirrend und insbesondere für Menschen, die nicht alle Marvel-Filme gesehen haben, völlig uninteressant. Sie dient einzig im besten Fall dazu, die „Marvel-Geschichte“ weiterzuerzählen, für den Film an sich aber nur als Vorwand für die Action- und Kampfsequenzen. Die Figuren sind Superheldinnen-Versatzstücke ohne wirkliche emotionale Anknüpfungspunkte. Dass Studios heutzutage bereit sind, für so etwas über 200 Mio. springen zu lassen, ist nahezu erschreckend.

Auffällig ist, wie penibel Regisseurin Nia DaCosta darauf geachtet hat, keine einzige Figur mit weißen, männlichen Darstellern zu besetzen, und außer Captain Marvel selbst (Brie Larson) alle anderen mit persons-of-color. Das ist bereits bekannte Praktik des Studios, wird aber hier auf die Spitze getrieben und wirkt derart gewollt, erzwungen und aufgesetzt, dass nachvollziehbar ist, dass sich Teile des Publikums davon abwenden. Wie auch andere vergleichbare Filme beschneidet sich der Film so zudem eines Teils der möglichen Seherschaft: Wer Mainstream-Ware auf den Markt bringt, muss dafür sorgen, möglichst große Teile des Publikums zu erreichen und Identifikationsfiguren für möglichst viele zu schaffen. Die Mehrzahl des globalen Publikums (auch in den USA selbst) ist „weiß“, die Hälfte davon männlich. Das Resultat: Das Publikum investiert das Geld dann lieber ins andere Extrem – gewollt „männliche“, dabei aber ebenso kitschige und unauthentische Werke wie Sound of Freedom.

Dabei wäre die Besetzungspolitik nicht einmal das größte Problem, wenn die 3 Protagonistinnen irgendetwas Interessantes an sich hätten, das sie aus der Superhelden-Massenware herausstechen ließe. Doch sie sind am Ende generische Superheldinnen-Sprechpuppen, die Marvel-Geschwätz von sich geben, das für Außenstehende und Nicht-Marvelfans ohnehin nicht verständlich und nachvollziehbar ist und wie eine absurde Kunstsprache erscheint.

Betrachtet man „The Marvels“ nüchtern, als reinen Unterhaltungs-Film, für sich genommen, muss man sich ernsthafte Sorgen um die Zukunft dieses Mediums machen, wie es Regie-Ikonen wie Martin Scorsese seit Jahren immer wieder ansprechen: Selbst wenn man „The Marvels“ als filmische „Karussellfahrt“ sieht, die keine andere Aufgabe hat, als hirnlos zu unterhalten, die keinen „tieferen Sinn“ hat und haben soll, keine Message vermitteln und nicht zum Denken anregen will, sondern zum Nicht-Denken – selbst dann versagt dieses Werk auf ganzer Linie. Denn am Ende braucht auch gut gemachte Unterhaltung Herz, Seele, Kreativität und filmische Verve. Und all das fehlt „The Marvels“ von vorne bis hinten.

Fazit

Ein furchtbarer Film, der auf allen Ebenen versagt: Drehbuch und Figurenzeichnung sind letztklassig und selbst die technisch zwar ordentlich umgesetzte Action ist durch den CGI-Overload so seelenlos, dass am Ende nur eines übrig bleibt: Unfassbare Langeweile.

Bewertung

Bewertung: 1 von 10.

(12/100)

„The Marvels“

USA, 2023
Genre: Action, Science Fiction
Kinostart: 08.11.2023
Regie: Nia DaCosta
Darsteller: Brie Larson,  Teyonah Parris u.a.

Bild: Copyright 2023 MARVEL.