Der neue „Die Nackte Kanone“ (2025) beginnt mit dem vertrauten Chaos, das Fans der Originalreihe sofort wiedererkennen werden: Frank Drebin Jr. (Liam Neeson) stolpert durch eine Reihe von Missgeschicken, während im Hintergrund Dinge explodieren und Menschen zu Schaden kommen. Doch was in den 1980er und 1990er Jahren als harmlose Slapstick-Komödie funktionierte, hinterlässt heute einen bitteren Nachgeschmack. Die Fortsetzung, die explizit kein Remake sein will, offenbart unfreiwillig die Grenzen eines Humors, der seinen Zeitkern nicht überwinden kann. Ab 31.7.2025, im Kino.
Kritik von Pascal Ehrlich
Die ursprünglichen „Die Nackte Kanone“-Filme, basierend auf der kurzlebigen Serie „Police Squad!“ (bei uns unter dem Titel „Die nackte Pistole“ erschienen), funktionierten durch ihre schonungslose Parodie der Polizeifilm-Konventionen und ihrer Protagonisten – alte, oft weiße Männer in Machtpositionen. Der typische Humor des Schöpfer-Trios Zucker-Abrahams-Zucker war sinnentleert und voller Sprachspiele, Metaphern und Redewendungen wurden ad absurdum geführt. Diese Zerstörung der Sprache durch Wortwitz war zentral für die komödiantische Wirkung. Doch genau hier zeigt sich das erste Problem der Neuauflage: Sie versucht, denselben Humor in eine Zeit zu transplantieren, in der die strukturellen Probleme der Polizei, besonders in den USA, nicht mehr ignoriert werden können.
„Die Nackte Kanone“ (2025): Eine gescheiterte Modernisierung
„Die Nackte Kanone“ (2025) versucht seine Modernisierung durch die Einführung eines Tech-Milliardärs Richard Cane (Danny Huston) als Antagonist zu legitimieren. Witze über Elektrofahrzeuge, künstliche Intelligenz und das Internet sollen zeitgemäße Relevanz suggerieren, wirken jedoch merkwürdig fortschrittsfeindlich.
Anstatt einen differenzierten Diskurs über Technologie und Gesellschaft zu führen, wird Frank Drebin Jrs. Protagonistenstatus allein dadurch konstituiert, dass er eben nicht der Tech-Milliardär ist. Die Ironie dabei ist, dass der Antagonist vollkommen recht hat, wenn er die Gemeinsamkeiten zwischen sich und Drebin Jr. hervorhebt. Denn auch Richard Cane hasst Technologie und möchte die Menschheit davon befreien. Er möchte zurück zu den alten, archaischen Tagen, in denen das Recht des Stärkeren herrscht.
Die Gegenüberstellung von Technologie und Drebin Jrs. Ansichten in „Die Nackte Kanone“ (2025) basiert auf der falschen Annahme, dass diese beiden Aspekte unvereinbar wären. Tatsächlich sind es gerade die konservativen Strömungen in den USA, die einen starken Einfluss auf die Polizei haben und keineswegs technologiefeindlich sind – man denke nur an die zunehmenden Überwachungsmöglichkeiten und die fortschreitende Militarisierung der Polizei.

Wie der Vater: Frank Drebin Jr., das wandelnde Chaos
Drebin Jr. verkörpert den in die Jahre gekommen Mann, der sich gegen seine eigene Obsoleszenz stellt und glaubt, dass die „guten alten Tage“ der Polizei wiederauferstehen sollten – ein „Make the Police Great Again“, wenn man so will. Gewisse Parallelen zu Donald Trump sind dabei kaum zu übersehen: Liam Neesons wandelndes Chaos, das sich keiner Schuld bewusst ist, erinnert fatal an Trumps Leugnung und Umkehrung von Tatsachen, ob nun von den Machern intendiert oder nicht.
Das Serien-Vorbild: Hier alle Folgen von „Police Squad!“ kostenlos sehen!
Diese völlige Reflexionslosigkeit, mit der Frank Drebin Jr. durch die Welt stolziert, ergibt sich auch daraus, dass er nie zur Verantwortung gezogen wird. Moderne Darstellungen der Institution Polizei sollten diese Aspekte mitdenken – sogar Serien wie „Brooklyn-99“ und „The Rookie“ sind bedacht darauf, die Diskurse über die strukturellen Probleme in das Narrativ miteinzubeziehen. Es gäbe auch andere Ansätze, mit diesen Themen umzugehen, gerade Satire kann dabei produktiv sein. Leider ist „Die Nackte Kanone“ (2025) zur sehr mit altbackenen Jokes und Wortspielen beschäftigt.
Sind Polizei-Komödien noch zeitgemäß?
Vielleicht ist es aber auch so, dass der Polizeifilm als Komödie in der heutigen Zeit nicht mehr funktioniert, weil die Probleme der Institution zu tiefe Narben im kollektiven Gedächtnis hinterlassen haben. Während in der Ära des New Hollywood Filme wie „French Connection“ noch kritisch mit der Polizei umgingen, änderte sich das Bild in den folgenden Jahrzehnten. Die 1980er und 90er Jahre, geprägt von neoliberalen Reaganomics und konservativer Law-and-Order-Politik, rückten die Polizei gerade in Komödien wie „Beverly Hills Cop“ in ein positives Licht. Man lachte über oder mit den ProtagonistInnen, blieb dabei aber auf einer individuellen Ebene.

„Die Nackte Kanone“ (2025) schafft es nicht oder nur oberflächlich, diese Problematik zu adressieren. Er bleibt beim selben Wortwitz und Sprachspiel, kann jedoch das Pacing der alten Filme nicht aufrechterhalten, deren Humor auch durch die schiere Anzahl der Witze entsteht. Problematisch ist vor allem, dass Frank Drebin Jrs. Darstellung als Witzfigur keinerlei Veränderung am Status quo herbeiführt. Zum Schluss bleibt er der Held des Tages, der die Welt rettet, und all seine Gesetzesbrüche und Übertretungen bleiben ohne Konsequenz – eine beunruhigende Parallele zur gegenwärtigen politischen Landschaft.
Fazit
„Die Nackte Kanone“ anno 2025 ist somit weniger eine gelungene Fortsetzung oder Reboot als vielmehr ein unfreiwilliger Kommentar darüber, wie sehr sich unsere Wahrnehmung von Autorität, Macht und deren Missbrauch gewandelt hat. Was einst als harmlose Parodie funktionierte, kann man heute als problematische Verharmlosung systemischer Probleme betrachten. Der Film demonstriert eindrücklich, dass Satire in Zeiten, in denen die Realität selbst zur Farce geworden ist, neue Wege finden muss, um relevant zu bleiben. Die Frage bleibt: Ist Satire noch etwas wert, wenn das Leben die absurderen Geschichten schreibt?
Bewertung
(50/100)
Unglücklich mit der Bewertung? Die Einschätzung von „Die Nackte Kanone“ durch unsere anderen Autoren könnt ihr HIER nachlesen.
Kritik zum „Original“ aus 1988: „Die Nackte Kanone“ mit Leslie Nielsen (jetzt auf Netflix)
„Die Nackte Kanone“ (2025) – Trailer
Filmdaten
| Titel | Die Nackte Kanone |
| Kinostart | 31.7.2025 (D, A, CH) |
| Laufzeit | 85 min. |
| Regie | Akiva Schaffer |
| Drehbuch | Dan Gregor, Doug Mand, Akiva Schaffer |
| Darsteller/ -innen | Liam Neeson, Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Kevin Durand |
| Bewertung | 5/10 (filmpluskritik.com) |
| IMDb | n/a |
Bilder: (c) Paramount Pictures / Frank Masi

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