„My son will break your boy“, heißt es bei der Begegnung alter Kontrahenten und geflügelte Worte der Filmgeschichte hallen wider. „I must break you.“, sprach einst Dolph Lundgren zu Sylvester Stallone und brannte sich in das Gedächtnis einer Genration ein.

Vor mehr als drei Jahrzehnten ging der „Kampf des Jahrhunderts“ über die Weltbühne. Rocky Balboa besiegte in einem schicksalshaften Match den sowjetischen Kampfkoloss Ivan Drago, der zuvor Rockys Freund Apollo Creed im Ring tötete. Nach der historischen Niederlage verlor Drago mit seinem Ansehen seine gesamte Existenz, wofür er nur einen Mann verantwortlich macht: Rocky Balboa. Doch Ivans Hoffnung lebt in seinem Sohn Viktor weiter und so ergreift er bereitwillig die Chance, den Filius gegen Rockys Schützling Adonis Creed, seines Zeichens Sohn des verstorbenen Apollo, in den Ring zu schicken.

Seher von „Creed“ erinnern sich: Boxveteran Rocky nahm sich des Sohnes seines verblichenen Freundes und ehemaligen Gegners an und trainierte den jungen Hitzkopf für den Weltmeisterschaftskampf im Schwergewicht. Wie seinerzeit sein Mentor avancierte Adonis zum Helden der Herzen und traf auf seine Herzdame. Nun steht „Donny“ sprichwörtlich vor neuen Herausforderungen, sowohl als Boxer wie als Mensch. Die Schlacht, in die er zieht, ist ein Stellvertreterkrieg auf beiden Seiten. Er selbst sieht sich in der Verantwortung, das Erbe seines Vaters zu würdigen und Viktor zu schlagen, doch auch dieser ist, bereits mit seiner Namensgebung, in die Rolle des Besiegers hineingedrängt worden. Dementsprechend bleiben die für das Rocky-Franchise archetypischen „Wem willst du was beweisen?“-Debatten nicht aus und auch sonst liefert „Creed II“ alles, was man sich von einem Beitrag der Reihe erwartet: Testosteronschwangere Trainingsmontagen, obsessiv choreographierte Boxkämpfe und natürlich reichlich Drama.

Dennoch wirkt nichts altbacken oder übermäßig gewollt; wie schon Teil eins versteht es „Creed II“ genau, den zeitlosen Underdogmythos ans einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen, ohne sich dabei jemals mit gezwungener Hipness anzubiedern. Für den zweiten Teil übernahm Steven Caple Jr. den Regiestuhl von Ryan Coogler, der sich aufgrund seiner Arbeit an „Black Panther“ in das Amt des ausführenden Produzenten zurückzog. Caple erweist sich als würdige Nachfolge und bereichert den Filmkanon mit seinen Visionen von narrativer Licht- und Schattensetzung, stimmigen Bildkompositionen und wechselhaftem Perspektivenspiel.

Die Symbiose fruchtet natürlich nur auf dem Fundament von einem soliden Drehbuch, welches erneut in Co-Autorschaft mit Rocky-Erfinder Sylvester Stallone entstand. Erwartungsgemäß besticht das Script nicht durch Innovationen, sondern folgt strikt dem Erfolgsrezept, das sich seit 1976 bewährt hat. „Sly“ versteht sich auf zerrissene Figuren und Hauptdarsteller Michael B. Jordan holt bei seinem überzeugenden Balanceakt zwischen Macho-Allüren und Verletzlichkeit das Letzte aus der Rolle heraus, auch wenn die Kampfmotivation seines Charakters manchmal an Schlüssigkeit zu wünschen übrig lässt. Verzeihliche Schönheitsfehler, denn wie bei den bisherigen Werken spielt sich der eigentliche Konflikt außerhalb des Rings ab: Das Hauptmotiv von „Creed II“ erzählt von der Verantwortung hinter Vaterschaft und den Bürden, die mit ihr einhergehen.

Fazit:

Die mittlerweile achte Episode aus dem Rocky-Dunstkreis erfindet das Rad nicht neu und macht somit auch nichts falsch. „Creed II“ folgt einer bereits fünf Jahrzehnte umfassenden Tradition und serviert lupenreines „Guy Cry“-Kino, das kräftig auf die Tränendrüse haut, mit seiner ausdifferenzierten Charakterzeichnung aber gegenüber dem vergleichsweise naiven Geist des Referenzwerks „Rocky IV“ zumindest einen Sieg nach Punkten verbuchen kann. Wer der Sieger der Herzen ist, muss aber wie immer das Publikum selbst entscheiden.

Bewertung:

8 von 10 Punkten

von Daniel Krunz

Bilder: Warner Pictures