Gestern war es soweit: Das größte Filmfestival der Welt in Cannes öffnete seine Pforten für Cineasten, Filmschaffende und -interessierte aus aller Welt. Traditionsgemäß lockte Festivaldirektor Thierry Fremaux zahlreiche Hollywoodstars an die Croisette, das erste Schaulaufen stellte sich bereits zum Eröffnungsfilm „The Dead Don’t Die“ von Jim Jarmusch ein: Die Darsteller Adam Driver, Bill Murray und Tilda Swinton begleiteten ihren Regisseur zur Premiere nach Frankreich.

Vorausgegangen waren diskussionsreiche letzte Wochen: Während sich andere Festivals mit der neuen Situation am Filmmarkt mehr oder weniger arrangieren, blieb Cannes hart: Keine Netflix-Filme im Programm, sofern die nicht auch in den französischen Kinos laufen. Das führte schon letztes Jahr zum Eklat, als keine Lösung mit dem Streamingdienst gefunden werden konnte, bis Netflix auch die angekündigten, aber außer Konkurrenz laufenden Filme wie „Roma“ kurzerhand zurückzog. Heuer reichte man von vornherein nichts ein – damit entgehen Cannes immerhin Kaliber wie Martin Scorseses „The Irishman“ oder Steven Soderberghs „The Laundromat“, die nun wohl in Venedig oder Toronto ihre Premiere feiern dürften.

Um die Unkenrufe in der Branche vom Bedeutungsverlust des Festivals abzuwenden, sprang Fremaux ein alter Bekannter zur Seite: Unerwarteterweise kündigte sich Quentin Tarantino an, dessen „Pulp Fiction“ vor 25 Jahren seine Premiere in Cannes gefeiert hatte, im Gepäck seinen neuen Film „Once upon a time in Hollywood„, der doch noch fertig geworden war, und nun in Cannes seine Weltpremiere feiern wird. Angekündigt haben sich auch seine Darsteller Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Al Pacino und Margot Robbie.

Das Wettbewerbsprogramm ist breit gefächert, mit Jessica Hausner und ihrem Film „Little Joe“ nimmt erstmals auch eine Österreicherin am Hauptbewerb teil. Um die goldene Palme rittern folgende 21 Werke:

„Atlantics“ (Regie: Mati Diop) 
„Bacurau“ (Regie: Kleber Mendonça Filho, Juliano Dornelles) 
„The Dead Don’t Die“ (Regie: Jim Jarmusch) 
„Frankie“ (Regie: Ira Sachs) 
„A Hidden Life“ (Regie: Terrence Malick) 
„It Must Be Heaven“ (Regie: Elia Suleiman) 
„Little Joe“ (Regie: Jessica Hausner) 
„Matthias & Maxime“ (Regie: Matthias et Maxime Xavier Dolan) 
„Les Misérables“ (Regie: Ladj Ly) 
„Mektoub, My Love: Intermezzo“ (Regie: Abdellatif Kechiche) 
„Oh Mercy!“ (Regie: Arnaud Desplechin) 
„Once Upon a Time in Hollywood“ (Regie: Quentin Tarantino) 
„Pain and Glory“ (Regie: Pedro Almodóvar) 
„Parasite“ (Regie: Bong Joon-ho) 
„Portrait of a Lady on Fire“ (Regie: Céline Sciamma) 
„Sibyl“ (Regie: Justine Triet) 
„Sorry We Missed You“ (Regie: Ken Loach) 
„The Traitor“ (Regie: Marco Bellocchio) 
„The Whistlers“ (Regie: Corneliu Porumboiu) 
„The Wild Goose Lake“ (Regie: Diao Yinan) 
„The Young Ahmed“ (Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne) 

Außer Konkurrenz laufen dazu unter anderem „Rocketman“ (Regie: Dexter Fletcher), „Diego Maradona“ (Regie: Asif Kapadia), „Too Old to Die Young“ (Regie: Nicolas Winding Refn) und „The Specials“ (Regie: Olivier Nakache & Éric Toledano).

Die Jury wird heuer von Regisseur Alejandro Iñárritu („Birdman„) angeführt, zur Seite stehen ihm unter anderem Yorgos Lanthimos („The Favourite„), Alice Rohrwacher („Glücklich wie Lazzaro„) und Pawel Pawlikowski („Cold War“).

Die 72. Filmfestspiele von Cannes finden heuer von 14. bis 25. Mai statt.

von Christian Klosz