Es gibt Momente im Leben, die lassen sich nicht absehen, geschweige denn erklären. Plötzliches Glück, unvorhersehbare Schicksalsschläge oder schlicht kuriose Ereignisse, die den Lauf der Dinge kurzerhand auf den Kopf stellen. Netflix neuester Geheimtipp kommt auch nahezu aus dem Nichts und bedient sich in seiner Story genau dieser Mysteriosität, berichtet er doch von den Geschehnissen auf „Block Island“, bei denen die Tiere auf der Insel ohne ersichtlichen Grund massenweise das Zeitliche segnen. Und auch die Bewohner selber leiden nach und nach unter unerklärlichen Beeinträchtigungen.

von Cliff Brockerhoff

Was jetzt erst einmal nach einem austauschbaren und bereits auserzählten Science-Fiction-Streifen mittlerer Güte klingt, erweist sich allerdings schnell als respektabler Vertreter, was nicht zuletzt an einer klug zusammengesetzten Story liegt, die irgendwo zwischen „Black Mirror“ und „Auslöschung“ pendelt und zusätzlich nahezu mühelos ein spannendes Familiendrama integriert. In diesem lernt der Zuschauer Harry und Audry kennen, die, bedingt durch die eingangs erwähnten Vorkommnisse, mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen müssen. Während Harry sich in den Alkohol und abstruse Theorien flüchtet, versucht Audry die schwierige Situation mit klarem Verstand zu bewältigen.

Ohne dass es direkte Parallelen gibt, erinnert der Film somit unfreiwillig an die globale Lage rund um die Corona-Pandemie, bei der es mittlerweile auch zahlreiche Auffassungen gibt, die von ihren Anhängern als „einzig wahre Wahrheit“ verkauft werden. So bietet auch „The Block Island Sound“ im Laufe der Zeit verschiedene Theorien, mal mehr und mal weniger glaubwürdig unterfüttert. Eine erfrischende Herangehensweise, die es dem Zuschauer erlaubt das Puzzle subjektiv zu vervollständigen. Es gibt zunächst kein „richtig“ oder „falsch“ – je nach Interpretation eröffnet sich am Ende eine sehr irdische, oder eben eine fantastisch übernatürliche Lösung.

So sorgt der Film über die gesamte Laufzeit hinweg für Spannung ohne permanent auf das erzählerische Gaspedal zu drücken. Obwohl wir von Anfang an mit der Thematik konfrontiert werden, gewähren die Gebrüder McManus uns bei ihrem zweiten Spielfilm immer wieder Atempausen um das Gesehene zu verarbeiten. Was dabei auffällt: alle Charaktere handeln auf ihre Art nachvollziehbar. Wo andere Filme unter der Naivität ihrer Protagonisten leiden und das Drehbuch eher für Augenrollen als für Nägelkauen sorgt, überzeugt die US-amerikanische Indie-Produktion mit Authentizität, bestärkt durch eine ausnahmslos gute Leistung der Schauspieler. Insbesondere Chris Sheffield ruft eine bärenstarke Performance ab und avanciert zum Blickfang.

Apropos Blickfang; auch die visuelle Ausrichtung weiß zu gefallen, punktet immer wieder mit fein nuancierten Einfällen und verzichtet glücklicherweise auf forcierte Effekthaschereien, die der Film auch gar nicht nötig hat. Beim Sounddesign dagegen übertreibt es „The Block Island Sound“ ab und an ein wenig, vor allem weil es keine aufdringlichen Klangkonzepte gebraucht hätte um die dargebotene Stimmung glaubhaft zu vermitteln. Hier wäre weniger mehr gewesen. Letztlich ist auch dies aber Makulatur, die sich in der reizvollen Erzählung verliert. Und sind wir mal ehrlich: irgendwie hat das animalische Dröhnen auch etwas Faszinierendes an sich, ist im konkreten Fall einfach Geschmackssache und nicht zuletzt auch Namensgeber des Films. Was es damit auf sich hat? Das dürft und solltet ihr selber herausfinden.

Fazit

Ohne unnötiges Spektakel bietet „The Block Island Sound“ eine intensive und atmosphärisch dichte Geschichte, die sich vielerlei Ausrichtungen bedient und das Konstrukt über die Zeit gekonnt zusammensetzt. Die tendenziell kryptische Ausrichtung wird dabei wahrlich nicht jedem zusagen und das Genre insgesamt auch nicht komplett auf den Kopf stellen – um die Hirnwindungen der Zuschauer 100 Minuten lang ordentlich zu verknoten reicht es aber allemal.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(74/100)

Bilder: ©Netflix

Was es aktuell noch so auf Netflix zu sehen gibt, könnt ihr hier nachlesen.