Auf den ersten Blick könnten Clairborne Paul „C.P.“ Ellis (Sam Rockwell) und Ann Atwater (Taraji P. Henson) aus Durham in North Carolina kaum unterschiedlicher sein. Er hochrangiges Mitglied des dort ansässigen Ku Klux Klan, sie Bürgerrechtsaktivistin der dortigen schwarzen Gemeinde. Egal ob zu beanstandende Mängel der Wohnungen oder die schlechte schulischen Situation für deren Kinder, Ann ist ganz vorn mit dabei, um den Senatoren und dem Bürgermeister der Stadt gehörig die Meinung zu sagen. C.P. Ellis hingegen ist mit seinem Einfluss auf die weiße Bevölkerung ein gern gesehener Handlanger, um die Interessen der örtlichen Politiker zuverlässiger durchzusetzten. So pflegen die beiden bekannten Bewohner von Durham aufgrund ihrer gegensätzlichen Ansichten eine offene Feindschaft, die auf den zweiten Blick jedoch gar nicht so festen Bestand hat, wie beide anfangs noch sicher überzeugt von sind.

von Madeleine Eger

Basierend auf einer wahren Begebenheit und dem 1996 erschienen Buch „The Best of Enemies : Race and Redemption in the new South“ versucht das gleichnamige Netflixdrama, eine ungewöhnliche und zunächst noch unmöglich erscheinende Freundschaft zweier Charaktere zu porträtieren, die in vergleichsweise kurzer Zeit ihre Vorbehalte und rassistische Weltanschauung über Bord werfen können und Gemeinsamkeiten entdecken, die unter anderen Umständen kaum für derartigen Gesprächsstoff gesorgt hätten.

Aufgrund der desolaten Zustände des Schulsystems werden nämlich Atwater und Ellis in einem Charette-Verfahren (eine Methode um mit direkter Bürgerbeteiligung die Stadtentwicklung voranzutreiben) gewissermaßen gezwungen, zusammen zu arbeiten und einander zuzuhören. Für die Hollywoodadaption wurde dramaturgisch noch ein wenig nachgeholfen und an einigen Stellen eine Dynamik geschaffen, die am Ende wie eine Kopie von bereits bekannten Geschichten zu sein scheint, in welcher sich der zunächst noch vehement sträubende Rassist besinnt und mit einer letzten Ansprache sogar noch zum Helden erhoben wird.

Nicht nur, dass „The best of enemies“ versucht, mit ausdrucksstarken Songs bedeutungsschwangere Szenen explizit hervorzuheben oder einzuleiten und damit hart an einer völlig deplatzierten Melodramatik kratzt, auch der erzählerische Charakterschwerpunkt, der sich über eine viel zu lange Laufzeit von über zwei Stunden drastisch ins Ungleichgewicht manövriert, sorgt schlussendlich dafür, dass das Geschichtsdrama von Regisseur Robin Bissell zu einem zahmen Crowdpleaser wird, der weder überrascht noch nachhaltig berühren kann. Angesichts der dramaturgischen Ausschmückungen, die die Geschichte verkraften muss, verschiebt sich der zentrale Fokus zudem immer weiter auf die Läuterung des Klan-Chefs Ellis, die die schwarze Gemeinde und vor Allem Ann Atwaters ins Abseits drängt. Dabei lassen einige Szenen im Ansatz erkennen, wieviel Potenzial vorhanden gewesen wäre. Denn wenn bei einem der ersten Treffen der Bürger von Durham Ellis Zustimmung von einem Schwarzen erhält, so ist doch die Erkenntnis, dass alle irgendwie mit den gleichen Problemen und Schwierigkeiten konfrontiert werden, auf eben beiden Seiten erkennbar. Dem Publikum eine Vertiefung der (Streit-)Gespräche während des Charettes anzubieten hätte sich weit mehr bezahlt gemacht, um beiden Hauptfiguren (und allen anderen beteiligten Bürgern der Stadt) mehr Facetten und Charaktertiefe abzuringen. Stattdessen aber werden diese Momente in Zeitlupe, mit Musik untermalt weitestgehend übergangen.

Über Ann erfährt man kaum etwas, was angesichts einer sehr starken Szene, in der sie einer ausgestellten Ku Klux Klan Modellpuppe die weiße Mütze wieder aufsetzt, nachdem sie ein paar Jugendliche heruntergerissen haben, und sie nun direkt in zwei starre, leere und beängstigend wirkende Löcher blickt, die fast schon hasserfüllt auf sie herunterschauen, wirklich bedauerlich ist. Der Schrecken, die Gewalt und die Bedrohung, die von dem omnipräsenten Klan in der Stadt ausgeht ist, bis auf die waffen- und munitionslastige Einstiegsszene, kaum spürbar und die Angst die Ann wiederum überfällt, lässt sich leider viel zu oft nur erahnen.

„The best of enemies“ setzt immer wieder und mit vollster Überzeugung falsche Prioritäten, die das Drama zu einem frustrierend oberflächlichem Werk werden lassen, das sich lediglich mit der dennoch hin und wieder starken Schauspielleistung von Sam Rockwell und Taraji P. Henson schmücken darf, um nicht ganz am unteren Ende der Bewertungsskala zu versinken.

Fazit:

Zu oberflächlich, zu stereotyp, zu viele dramaturgisch unpassende Ausschmückungen, aber vor allem eine derart fehlgeleitete Priorisierung der Hauptcharaktere und deren Entwicklung, sodass „The best of enemies“ nicht viel mehr als ein zahmes und biederes Abziehbild eines Crowdpleasers zu sein vermag.

Bewertung:

Bewertung: 4 von 10.

Bild: Annette Brown/STXfilms