Anlässlich der Oscar-Verleihung am kommenden Sonntag präsentiert Film plus Kritik in den kommenden Tagen mehrere Streaming-Programme, zusammengestellt von Chefredakteur Christian Klosz. Die betreffenden Filme sind derzeit allesamt auf einem der drei größten Streamingdienste Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ zu sehen und waren mindestens für einen Oscar nominiert.

Die Werke sind in mehrere(n) Streaming-“Programmen” unterteilt und zusammengefasst, die die thematische und inhaltliche Klammer bilden.

von Christian Klosz

Programm 3: Justice & Injustice

Die folgende Auswahl an Filmen befasst sich mit politischen Fragen, der Frage nach Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, will aufklären und stellt wichtige bis brennende gesellschaftlich Themen in den Mittepunkt ihres Interesses, egal ob fiktionales oder dokumentarisches Werk.

Mississippi Burning (1988) auf Amazon Prime Video / MGM oder Arthaus+ Channel (Gratiszeitraum)

Oscar für Beste Kamera; Oscar-Nominierungen für Bester Film, Bester Hauptdarsteller (Gene Hackman), Beste Nebendarstellerin (Frances McDormand), Beste Regie, Bester Schnitt, Bester Ton

„Mississippi Burning“ ist ein bemerkenswerter, emotional fordernder Südstaaten-Rassismus-Thriller, der so gar nicht in das 1980er-Klischee vom oberflächlichen Film mit Stilwillen und ohne Inhalt passt; ein intensives, teilweise verstörendes Werk über reale Vorgänge, das vor allem Konfliktlinien in einer konservativen Gesellschaft, den Ursprung von Rassenhass und -gewalt nachzeichnen und (emotional) verständlich machen möchte. Bleibt einem lange “im Magen liegen”. -> Text zum Film

Rufmord – Jenseits der Moral (2000) auf Amazon Prime Video / Netzkino Select Channel (Gratiszeitraum)

Oscar-Nominierungen für Joan Allen (Beste Hauptdarstellerin), Jeff Bridges (Bester Nebendarsteller)

“Rufmord” ist ein überraschend kluger, komplexer Film über den amerikanischen Politzirkus und die “Hinterzimmer der Macht”, der auf verschiedenen Ebenen diverse Themen behandelt: Politischen Machiavellismus, Idealismus und Sexismus. Und er legt nahe, dass sich persönlicher Idealismus und Prinzipientreue auszahlen, propagiert eine Art von Held(inn)en-Mut, der durch Standhaftigkeit niederste Instinkte und Prinzipien aushebeln kann. -> Text zum Film

Inglorious Basterds (2009 ) auf Amazon Prime Video

Oscar für Christoph Waltz (Bester Nebendarsteller); Oscar-Nominierungen für Bester Film, Beste Regie, Bestes Originaldrehbuch, Bester Schnitt, Beste Kamera, Bester Ton, Bester Tonschnitt

Tarantino betreibt Geschichtsfälschung: Die Rache an den Nazis als utopische Fiktion und dialoglastiges Actionkino, das ernste und mehr als tragische Themen geradezu unverschämt unterhaltsam verarbeitet.

Ikarus (2017) auf Netflix

Oscar als Bester Dokumentarfilm

Der Regisseur gerät über einen Doping-Selbstversuch in ein russisches Netz aus Lügen, Propaganda und Manipulation, die das “System Putin” schon vor dem Überfall auf die Ukraine ausgemacht haben: Wir hätten es wissen können. Eindrückliches und teils schockierendes Porträt eines autoritären Staates und seines “Führers”, der vor nichts zurückschreckt, wenn es um den eigenen Machterhalt geht. -> Ausführlicher Text

Don’t look up (2021) auf Netflix

Oscar-Nominierungen für Bester Film, Bester Schnitt, Beste Filmmusik, Bestes Originaldrehbuch

Kaum ein Film beschreibt unsere Gegenwart besser als Adam McKays zynische Satire: Verdrängen, Wegschauen, Verdrehen und “alternative Fakten” dominieren politische Diskurse spätestens seit Trump und sind längst zum bestimmenden Welterklärungsmodell geworden, betrifft es nun die Corona-Pandemie, den Klimawandel oder die russische Invasion der Ukraine. Dass die Menschheit damit unweigerlich auf ihr eigenes Ende zusteuert, illustriert “Don’t look up” anschaulich und angemessen schwarzhumorig. Dass die Geschichte in der Realität viel anders ausgehen wird, als in der Fiktion, ist inzwischen leider nicht mehr garantiert. -> Kritik

Titelbild: Fotomontage (c) CK; Textbild: (c) Netflix