In den letzten Jahren ist in Hollywood ein Trend zu beobachten, der möglicherweise nicht direkt ins Auge sticht, aber doch an Fahrt aufgenommen hat. Und dieser Trend basiert auf einer Frage: “Was lieben wir eigentlich an Film und Kino?” Zumindest dürfte das die Frage sein, die sich in der jüngsten Vergangenheit viele Regisseure gestellt haben. Es scheint, als bestünde eine Sehnsucht nach dem, was Hollywood einst repräsentierte: “Die Traumfabrik”.

von Lena Wasserburger

So besinnt sich auch Steven Spielberg in seinem neuesten Werk auf seine Anfänge zurück, seine familiären Ursprünge wie auch seine Ursprünge als Filmemacher. In “Die Fabelmans” arbeitet Spielberg nicht nur seine persönliche Vergangenheit auf, er lässt das Publikum an seiner Leidenschaft für Film teilhaben. “Die Fabelmans” ist dieses Jahr für sieben Oscars nominiert, darunter “Bester Film” und “Beste Regie” und seit 9.3. im Kino zu sehen.

“Die Fabelmans” beginnt an dem Punkt, an dem Spielberg erstmals mit Kinofilmen in Berührung kam. Im Film ist es jedoch der junge Sammy Fabelman, der im New Jersey der 50er Jahre von seinen Eltern das erste Mal ins Kino geschleift wird. Ja, “geschleift”, denn anfangs schüchtert Sammy das, was er auf der Leinwand sieht, eher ein, als dass es ihn begeistert. Doch dann, als seine Mutter, gespielt von Michelle Williams, ihm das erste Mal eine Kamera in die Hand drückt, entdeckt der junge Sammy eine ganz neue Welt für sich. Doch während er sich immer mehr ins Filmemachen verliebt, beginnt seine einst so glückliche Familie allmählich auseinanderzubrechen.

“Die Fabelmans” trieft vor Sentimentalität, was man dem Film fast ankreiden könnte, wäre nicht offensichtlich, wie viel Herzblut in seine Entstehung geflossen ist. Was in einigen Momenten wie eine romantisierte Erinnerung wirkt, ist im nächsten Augenblick so ehrlich und persönlich, dass kaum infrage gestellt werden kann, wie viel Spielberg an seinem Werk liegt. Womöglich ist “Die Fabelmans” schlicht Spielbergs Versuch, seine Liebe für Film mit dem Publikum zu teilen, vielleicht ist es aber auch eine persönliche Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit, eine therapeutische Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. Die Beziehung zu Spielbergs, oder in diesem Fall, Sammys Eltern ist ein zentraler Aspekt der Handlung. Denn im Kern ist “Die Fabelmans” nicht nur ein Liebesbrief an das Filmemachen, sondern auch eine emotionale Familiengeschichte. Das Bild, das Sammy von seinen Eltern hat, verändert sich im Laufe seiner Jugend, der rosige Filter der Kindheit löst sich zunehmend auf und hinterlässt ein Wechselbad der Gefühle. Gabriel LaBelle als Sammy verkörpert ebendieses mit so viel Hingabe und Herz, dass er seine Co-Stars fast überschatten könnte, würde es sich bei diesen nicht um Michelle Williams und Paul Dano handeln. Williams wurde dieses Jahr völlig zurecht für den Oscar als “Beste Hauptdarstellerin” nominiert. Und auch wenn Paul Dano keine Nominierung für seine Performance erhielt, so verdient doch auch er eine Standing Ovation. “Die Fabelmans” wäre ohne diese schauspielerischen Leistungen wohl kaum so charmant und so ergreifend, wie es der Film letztendlich ist. Die unbeschwerten, witzigen Szenen, die immer in den richtigen Momenten auftauchen, machen es schwer, den Film nicht zumindest ein wenig sympathisch zu finden.

In einer autobiografischen oder in diesem Fall autofiktionalen Erzählung wird allerdings selten das Rad neu erfunden. Daher verwundert es nicht, dass einige altbekannte Handlungsstränge und Tropes auch in diesem Film Verwendung finden. Es handelt sich immerhin bis zu einem gewissen Grad auch um eine Coming of Age-Geschichte. Die erste Liebe, die Aufs und Abs des Erwachsenwerdens, Selbstfindungskrisen – all das ist nicht neu, doch spielt das letzten Endes eine Rolle, solange diese Elemente sinnvoll eingesetzt und inszeniert werden?

Das Erzähltempo verliert im ersten Drittel des Films ein wenig an Dynamik und doch wird der Film kaum langweilig. Wer “den Film”Die Fabelmans” dennoch nicht unterhaltsam finden sollte, der weiß womöglich trotzdem zu schätzen, mit viel Bedacht jede einzelne kreative Entscheidung getroffen wurde. Ob es nun die Musik ist, die im Gegensatz zu John Williams anderen Werken manchmal ein wenig unscheinbar ist, oder die Ästhetik und die Stimmung des Films allgemein.

Fazit

Coming of Age – but make it Spielberg! “Die Fabelmans” ist eine charmante Liebeserklärung an die Kunst des Filmemachens, in der Steven Spielberg ausgiebig in Kindheitserinnerungen schwelgt. Ist der Film sehr von sich selbst überzeugt? Ja, keine Frage. Ist Spielberg schlicht sehr gut in dem, was er tut? Ebenfalls ja.

Bewertung

Bewertung: 9 von 10.

(87/100)

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Bild: (c) Storyteller Distribution Co. / UPI