Anlässlich der Oscar-Verleihung am kommenden Sonntag präsentiert Film plus Kritik in den kommenden Tagen mehrere Streaming-Programme, zusammengestellt von Chefredakteur Christian Klosz. Die betreffenden Filme sind derzeit allesamt auf einem der drei größten Streamingdienste Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ zu sehen und waren mindestens für einen Oscar nominiert.

Die Werke sind in mehrere(n) Streaming-“Programmen” unterteilt und zusammengefasst, die die thematische und inhaltliche Klammer bilden.

von Christian Klosz

Programm 4: The Art of Acting

Folgende Filme legen den Schwerpunkt und das Hauptaugenmerk auf die Kunst des Schauspiels: Im Mittelpunkt stehen weniger action- oder spannungsinduzierte Immersion oder Unterhaltung, sondern bemerkenswerte darstellerische Leistungen in den Haupt- und Nebenrollen. Voraussetzung für eine “Nominierung” in dieser Liste war darum zumindest eine Oscar-Nominierung in einer der Schauspiel-Kategorien.

Leaving Las Vegas (1995) auf Amazon Prime Video / Arthaus+ Channel (Gratiszeitraum)

Oscar für Nicolas Cage (Bester Hauptdarsteller); Oscar-Nominierungen für Elisabeth Shue (Beste Hauptdarstellerin), Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch

„Eine unbeschönigte Bestandsaufnahme menschlicher Leidens- und Liebesfähigkeit, in der sich Dokumentation und Poesie zu einer ebenso deprimierenden wie beunruhigenden Beschreibung existentieller Grenzsituationen treffen. In seiner kompromisslosen Konsequenz für manchen Zuschauer ein sicher schwer erträglicher Film, der sich moralischer Kategorisierung verweigert und statt dessen zur Reflexion über individuelle Schicksale einlädt.“ (Lexikon des internationalen Films)

LA Confidential (1997) auf Disney+

Oscars für Kim Basinger (Beste Nebendarstellerin), Bestes adaptierest Drehbuch; Oscar-Nominierungen für Bester Film, Beste Regie, Bester Ton, Beste Musik, Bester Schnitt, Beste Kamera, Beste Ausstattung

Curtis Hansons Neo-Noir-Puzzle zählt fraglos zu den prägenden Thrillern der letzten Jahrzehnte: Gekleidet in ein B-Movie-Gewand erzählt “LA Confidential” von den durch Korruption und Dekadenz zerfressenen Schattenseiten des Hollywood der frühen 50er. Getragen wird der Film von herausragenden Darstellerleistungen, von denen jene von Kevin Spacey und Russel Crowe (in einer seiner ersten, größeren Rollen) herausstechen.

LA Confidential Kevin Spacey

Magnolia (1999) auf Amazon Prime Video

Oscar-Nominierungen für Bester Nebendarsteller (Tom Cruise), Bestes Originaldrehbuch, Bester Song

P.T. Andersons ausuferndes und ausufernd emotionales Episoden-Epos wird getragen von einem einmaligen Ensemble-Cast (Julianne Moore, Philip Seymour Hoffman, Philip Baker Hall, William H. Macy, John C. Reilly…), aus dem Tom Cruise mit der vielleicht besten Leistung seiner Karriere hervorragt. “Geschichten, in deren Mittelpunkt die Frage nach der Schuld der Väter und die Kraft des Verzeihens ihrer Kinder steht. Dabei beinhaltet das virtuos inszenierte und eindrucksvoll gespielte Drama die Hoffnung, dass zwanghafte psychische Prägungen überwunden werden können.” (Lexikon des internationalen Films)

A Beautiful Mind (2001) auf Amazon Prime Video / Paramount+ Channel (Gratiszeitraum)

Oscars für Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Nebendarstellerin (Jennifer Connelly); Oscar-Nominierungen für Bester Hauptdarsteller (Russel Crowe), Bester Schnitt, Beste Musik, Bestes Make-Up

Russel Crowe brilliert in diesem Biopic als Mathematik-Genie John Nash. “Geschickte Winkelzüge des Drehbuchs, das Nash in einen gefährlichen Regierungsauftrag während des Kalten Krieges verwickelt, und schauspielerische Glanzleistungen sichern die Aufmerksamkeit des Publikums.” (Lexikon des internationalen Films)

Training Day (2001) auf Netflix

Oscar für Denzel Washington (Bester Hauptdarsteller); Oscar-Nominierung für Ethen Hawke (Bester Nebendarsteller)

“Training Day” zirkuliert ganz um die großartige Performance von Denzel Washington, der eine der kraftvollsten Darstellungen im US-Kino des 21. Jahrhunderts abliefert. Er brilliert als “Wolf im Wolfspelz”, als korrupter Cop, als “Training Officer“, der Regeln bricht, um Regeln zu wahren. Das Macho-Gehabe seiner Figur, seine Machtspielchen entpuppen sich mit der Zeit immer mehr als gefährliche Auswüchse eine instabilen Persönlichkeit: Alonzo herrscht über seinen district wie ein Mafia-Pate. -> Text zum Film

Adaption (2002) auf Amazon Prime Video / Filmlegenden Channel (Gratiszeitraum)

Oscar für Chris Cooper (Bester Nebendarsteller); Oscar-Nominierungen für Nicolas Cage (Bester Hauptdarsteller), Meryl Streep (Beste Nebendarstellerin), Bestes Originaldrehbuch

„Ein fantasievolles, von absurden Wendungen überbordendes Vexierspiel, das die Mechanismen Hollywoods, das Handwerk des Filmemachens und intellektuelle Blasiertheit konterkariert. Auf aberwitzige und souveräne Weise vermischt der Film dabei Realität und Fantasie.“ (Lexikon des internationalen Films)

Mystic River (2003) auf Netflix

Oscars für Sean Penn (Bester Hauptdarsteller), Tim Robbins (Bester Nebendarsteller); Oscar-Nominierungen für Bester Film Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Nebendarstellerin (Marcia Gay Harden)

„Die psychologische Studie über Gewalt, einen frühen Schock mit späten Folgen und verschiedene Formen von Freundschaft und Familienbande bezieht ihre innere Spannung weniger aus den kühl und kompliziert montierten Handlungssträngen als aus den subtil dargestellten Emotionen der hervorragend dargestellten Hauptfiguren.“ (Lexikon des internationalen Films)

Glaubensfrage (2008) auf Amazon Prime Video / Filmlegenden oder Paramount+ Channel (Gratiszeitraum)

Oscar-Nominierungen für Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Hauptdarstellerin (Meryl Streep), Bester Nebendarsteller (Philip Seymour Hoffman), Beste Nebendarstellerin (Amy Adams), Beste Nebendarstellerin (Viola Davis)

Das Bühnenstück über Schuld, Glaube und Zweifel wird auf der Leinwand zum Kammerspiel mit hoher Intensität, das im Schauspiel-Duell zwischen Meryl Streep und Philip Seymour Hoffman – zwei der besten ihrer Generationen – gipfelt. Insgesamt 4 Nominierungen für Darstellerpreise sind ungewöhnlich – und Beleg für das hier vorhandene Talent.

Frost/Nixon (2008) auf Amazon Prime Video / Arthaus+ Channel (Gratiszeitraum)

Oscar-Nominierungen für Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch , Bester Hauptdarsteller (Frank Langella), Bester Schnitt

Ein präzise inszeniertes Kammerspiel vor dem Hintergrund einer clever konstruierten Psychostudie zweier denkbar konträrer Charaktere, die in einem darstellerischen Schlagabtausch aufeinandertreffen: Richard Nixon wurde nie besser gespielt als hier von Frank Langella.

The Fighter (2010) auf Netflix

Oscars für Christian Bale (Bester Nebendarsteller), Melissa Leo (Beste Nabendarstellerin); Oscar-Nominierungen für Bester Film, Beste Regie, Bestes Originaldrehbuch, Beste Nebendarstellerin (Amy Adams), Bester Schnitt

Schauspiel als Extremsport: Aus einer überzeugenden Darstellerriege sticht Christian Bale als abgemagerter, abgewrackter und drogensüchtiger Box-Trainer hervor, der seinen Halbbruder zu Höchstleistungen motivieren will. “Dank des überzeugend zurückhaltend agierenden Hauptdarstellers ein eindrucksvolles Porträt, das sich mit agiler Handkamera und authentischen Schauplätzen um Realitätsnähe bemüht.” (Lexikon des internationalen Films)

-> Programm 1: Action & Distraction

-> Programm 2: Men & Women

-> Programm 3: Justice & Injustice

Titelbild: (c) CK (Bild aus “Leaving Las Vegas”); Textbilder Bildquelle: imgbin