Müsste man die japanischen Filme “Baby Assassins” und “Baby Assassins 2” einem westlichen Publikum erklären, könnte man leicht Parallelen zur “John Wick”-Reihe ziehen, würde aber schnell merken, dass dieser Vergleich mehr als hinkt. Tatsächlich weisen beide Filme mehrere kunstvoll inszenierte Schießereien auf, doch nehmen diese nicht den Großteil der Erzählung ein. Außerdem ist die allgemeine Atmosphäre eine positive und lebensbejahende.

von Richard Potrykus

Im nun veröffentlichten Mediabook der Busch Media Group gibt der Booklet-Autor Marc Hairapetian den Filmen den Untertitel “Niedlich-verpeilte Dienstleisterinnen der blutigen Art” und trifft den Nagel dabei ziemlich gut auf den Kopf. Die Handlung ist stets verpeilt und die beiden Hauptfiguren Chisato (Akari Takaishi) und Mahiro (Saori Izawa) sind in der Tat durchweg niedlich.

Beide Filme bestechen durch ihre unbekümmerte und abwechslungsreiche Art und zeigen, ähnlich wie Tarantinos “Reservoir Dogs” (1992), das Gangster-Dasein von einer gänzlich anderen Seite. Doch auch hier greift der Vergleich nicht vollkommen, denn es sind keine gekünstelten obercoolen Dialoge, die die Ruhephasen der Filme füllen. Wohl aber ist es das Zwischenmenschliche, dass sich hier hervortut und beiden Teilen ihre Klasse verleiht.

Doch, worum geht es eigentlich? – Chisato und Mahiro sind einerseits Teenager und stehen kurz vor dem Schulabschluss, andererseits sind sie ausgebildete Auftragskillerinnen. Auf Geheiß der Organisation hin, für die sie arbeiten, sollen die beiden Mädchen in eine Zweier-WG ziehen und zudem reguläre Teilzeitjobs annehmen, um sich auch als reguläre Mitglieder der Gesellschaft zu beweisen. Wichtig ist, dass sie niemanden umbringen, sofern dies nicht direkt mit einem Auftrag durch die Organisation gekoppelt ist. Während Chisato, wenn auch widerwillig, durchaus in der Lage ist, sich in normale Arbeitsverhältnisse einzufügen, hat es Mahiro nicht so mit anderen Menschen und findet schwer Anschluss in Tätigkeiten, die ohnehin nicht ihren Qualifikationen und ihrer Passion entsprechen. Zudem gerät das Duo immer wieder versehentlich in gewalttätige Konflikte, was nicht nur die Yakuza auf den Plan ruft, sondern auch das Missfallen der Organisation nach sich zieht und den Betreuer der beiden zunehmend in Bedrängnis bringt.

Auch wenn dieser Absatz vor allem den ersten Film umreißt, gilt er doch für beide Teile, denn der Aufbau von “Baby Assassins 2” ist nahezu gleich. Das allerdings stört nicht im Geringsten, da die Situationen stets neu bespielt und solide in die Erzählung eingeflochten werden. Außerdem geht es bei “Baby Assassins 1+2” nicht darum, einzelne Stationen eines Drehbuchs abzuarbeiten, um dem Publikum so eine eindimensionale Befriedigung zu verschaffen. Es sind gerade die ruhigen und durchweg kuriosen Situationen, aus denen die Filme ihre Kraft ziehen. Oft lümmeln die beiden auf dem Sofa in der WG, essen, starren auf ihre Smartphones oder suchen etwas unter den Kissen oder zwischen den Polstern.

Es sind comichafte Momente, die genauso gut aus einem Anime stammen könnten und dadurch umso witziger wirken. Unterstützt wird dies durch das typisch japanische Schauspiel, welches ebenso expressiv daherkommt.

Einen besonderen Höhepunkt bietet ein Kampf im zweiten Teil. Im Zuge eines Nebenjobs müssen sich Chisato und Mahiro als Maskottchen und Anziehungspunkte eines Verkaufsstandes verkleiden, genauer als Tiger und Panda. Während sie also fürs Nichtstun bezahlt werden, geraten sie in einen Streit miteinander und beginnen alsbald einen Kampf in den Verkleidungen. Die Liebe zum Detail, die darin besteht, dass die beiden, trotzdem sie sich gerade rasant Richtung Kündigung prügeln, stets darauf bedacht sind, die überdimensionalen Tierköpfe weiterhin korrekt positioniert zu tragen, macht aus dieser Szene eine der lustigsten Kampfsequenzen überhaupt.

Fazit

“Baby Assassins 1+2” sind actionreiche Feel-Good-Filme, bei denen die meiste Zeit über klar ist, wie eine Situation ausgehen und wer lebendig aus ihr hervorgehen wird. Da ändern auch etwaige Verletzungen nichts, die je nach Moment einfach weggelächelt werden können. Darin liegen die Stärken der Filme, die nicht nur dafür sorgten, dass das Franchise in Japan sehr erfolgreich wurde, sondern auch auf internationalen Festivals Beachtung erlangte. Der Regisseur Yugo Sakamoto weiß um diese Stärken und spielt sie voll und zudem clever aus. Beide Filme bieten kurzweilige Action und eine ordentliche Portion zeitgenössischen Humor und es lohnt sich, den Filmen mehr als eine Sichtung zu schenken.

Wertung

Bewertung: 8 von 10.

(Teil 1 + 2: jeweils 77/100)

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