Es ist kein Zufall, dass das Sujet des Serienmörders immer wieder Einzug in cineastische Adaptionen erhält. Wir sind fasziniert von den Abgründen der menschlichen Seele und beschäftigen uns immer wieder mehr oder weniger intensiv mit den Gräueltaten derer, die einst ganze Städte in Angst und Schrecken versetzt haben. Die morbide Faszination speist sich vor allem aus der unvorstellbaren Skrupellosigkeit der Täter, und seit jeher versuchen Experten sich am sogenannten Profiling, also der Entschlüsselung der kranken Persönlichkeiten. Das Unvorstellbare soll greifbar gemacht werden.
Diese Ausgangslage begegnet dem interessierten Zuschauer auch in „15 Killings“, in dem die erprobte Neurologin Dr. Kentyl versucht in die Hirnwindungen von Norris vorzustoßen, der über Jahre hinweg Obdachlose, Reisende oder gestrandete Kneipenbesucher in sein Apartment gelockt hatte um sie dort zu Tode zu strangulieren. Lange Zeit bleiben die Verbrechen unbemerkt, und selbst aus verräterischen Situationen windet sich Norris irgendwie hinaus, versteckt weiterhin Leichenteile in seiner Wohnung und kann erst nach kolportierten 15 Morden gestoppt werden. Obwohl die Geschichte fiktiv anmutet, beruht sie auf den Taten des schottischen Mörder Dennis Nielsen, der zwischen 1978 und 1983 sein Unwesen trieb.

Warum der Regisseur sich dazu entschied die realen Ereignisse umzuschreiben und stattdessen ein fiktives Geschehen zu präsentieren, bleibt unklar. Gerade in Anbetracht der erst kürzlich erschienenen Mini-Serie „Des“, die die Entwicklungen rund um Nielsen eindringlich und detailgetreu porträtiert hatte, ist die ausgesuchte Thematik insgesamt unglücklich gewählt. Ein weiterer, auffälliger Unterschied: wo Nielsen in der britischen Serie noch als überzeugende Persönlichkeit vorgestellt wurde, ist I. Drakos‘ Interpretation schmierig, wenig wortgewandt und nicht sonderlich akribisch in seiner Verfahrensweise. Seine manipulative Fähigkeit ist zudem wenig ausgeprägt, was den ständigen Erfolg bei den Gegenübern unglaubwürdig macht, auch wenn sich diese oftmals in einer Notlage befinden.
Schlimmer noch – die Diskrepanz zwischen dem gezeichneten Bild eines anziehenden und höchst talentierten Serienmörders und der offensichtlichen Realität ist eklatant. Sämtliche Interaktion beruht auf Mitleid oder Hilflosigkeit und will so gar nicht zu der Wahrnehmung passen, die das Werk seinem Protagonisten andichtet. Zugegeben, Mörder leiden oft an einem verzerrten Selbstbildnis, doch im Falle von „15 Killings“ ist es nicht einmal Norris selber, der sich als überlegenes Individuum sieht, sondern die angeblich so versierte Neurologin, deren Beweggründe und Qualifikationen auch vollkommen nebulös bleiben. Im Fortlauf wirkt es beinahe so als wenn sich zwei verschiedene Handlungen entwickeln. Einerseits werden wir Zeuge von Norris‘ Taten, welche regelmäßig von hochtrabenden, medizinischen Erklärungen der Doktorin unterbrochen werden. Problem auch hier: beides harmoniert so gar nicht.
Als wäre dies alles nicht schon schlimm genug, beinhaltet das Werk leider zusätzlich mehrere logische Abstrusitäten. Eines der Opfer fragt seinen späteren Peiniger zum Beispiel danach, ob er sich dessen Plattensammlung ansehen dürfe. Norris bejaht dies und der junge Mann greift augenscheinlich zu einer „Black Sabbath“ Platte. Die nun ertönende Musik ist allerdings wenig düster, sondern klassische Orchestral-Musik. Schnitt, plötzlich sind alle Platten weg. Schnitt, die Platten sind wieder da. In der Gesamtbetrachtung Makulatur, aufgrund der Fülle an Kritikpunkten aber die Kirsche auf den in der Toilette runtergespülten Stücke Menschenfleisch, die übrigens offensichtlich nach Hähnchenfleisch aussehen. Die positiven Aspekte sind deutlich in der Minderheit, sollen aber natürlich nicht gänzlich verschwiegen werden. Optisch ist das Werk trotz geringem Budget ansehnlich, und auch die Schauspieler leisten, zumindest im Originalton, gute Arbeit. Über die Schwächen des blassen Drehbuchs kann dies aber zu keinem Zeitpunkt hinwegtäuschen.

Fazit
In seinen anderthalb Stunden strebt „15 Killings – Interview mit einem Serienkiller“ ein tiefschürfendes Psychogramm an, kratzt aber lediglich zaghaft an der Oberfläche, erreicht keinerlei inhaltliche Tiefe und untergräbt so die Handlung, die das Werk eigentlich installieren wollte. Bis auf schon mehrfach besser porträtierte und hier bisweilen lieblos aneinandergereihte Klischees kann der vermeintliche Thriller nichts bieten, hat keinerlei Mehrwert und endet ohne jegliche Erkenntnis. Für absolute Genrefans gerade noch in Ordnung, insgesamt aber wenig überzeugend. Ab sofort auf BluRay und DVD erhältlich!
Bewertung
(32/100)
Bilder: ©UCM.ONE
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