Der Maus-Konzern hat derzeit mit Problemen an mehreren Fronten zu kämpfen: Die Kritik an der inhaltlichen Ausrichtung und mangelnder Kreativität neuer Produktionen (weitgehend Live Action-Remakes von Animationsklassikern) schlägt sich inzwischen auch in den Einnahmen nieder. „Arielle“ spiele weniger an den Kinokassen ein, als erhofft. Der letzte „Indiana Jones“-Teil war ein totaler Flop. Und auch „Die Geistervilla“ enttäuscht derzeit in den Kinos.

Kommentar von Christian Klosz

Die schwindenden Einnahmen versucht man durch Maßnahmen zu kompensieren, die das Publikum (zurecht) erregen: Zuerst nahm man viele, beliebte Inhalte vom hauseigenen Streaming-Dienst, um Kosten für die Lizenzen zu sparen. Dann kam das Statement von Disney-Boss Bob Iger, dass er die Autoren- (und Schauspieler-) Streiks in Hollywood nicht verstehen würde und dass die Streikenden damit die Krise Hollywoods weiter befeuern würden (die Riesenkonzerne wie der seine übrigens mit verursacht hatten.) Vermutlich denkt Iger da in erster Linie an die ausfallenden Einnahmen aus Film- und Serienproduktionen, die durch die Streiks on hold sind.

Bob Iger

Als wäre das nicht genug, ließ Disney vor wenigen Tagen mit weiteren Neuerung aufhorchen: In Australien (und Neuseeland) will man den Verkauf von physischen Medien wie DVD und BluRay mit sofortiger Wirkung (ab 1.8.) komplett einstellen. Betreffen tut das nicht nur alle Disney-Animationsfilm-Klassiker oder neuere Marvel-Werke, sondern auch Produktionen von 20th Century, das Disney vor einigen Jahren aufgekauft hatte. Sammler in Australien schauen in Zukunft also durch die Finger und können nur noch auf Importware aus dem Ausland zurückgreifen.

Begründet wird der drastische Schritt von Disney mit dem „Rückgang der Einnahmen“ durch den Verkauf physischer Medien. Der ist tatsächlich seit Beginn des Streaming-Hypes bemerkbar. Doch gerade die Löschung diverser Inhalte auf Disney+ machte vielen Film- und Serienfans den volatilen Charakter digitaler Streaming-Inhalte wieder bewusst. Auch abseits solcher Maßnahmen laufen die Rechte der Dienste für bestimmte Inhalte oft nicht ewig (insbesondere betrifft das solche, die nicht selbst produziert wurden) und regelmäßig verschwinden Filme und Serien von Streamingservices.

Wer seine Lieblingsfilme oder -serien dauerhaft daheim haben möchte, sollte also auf das physische Produkt zurückgreifen (oder zumindest das digitale Kaufprodukt VOD). Genau das will Disney mit dieser Maßnahme aber verhindern: Neben der Einsparung der Produktionskosten ist ein weiterer Hintergedanke dieses Schrittes wohl, die stagnierende Abonnentenzahl von Disney+ zu steigern. Wenn exklusive Disney-Inhalte nur noch auf dem Streamingdienst verfügbar sind, werden Kunden dazu gezwungen, ein Abo abzuschließen, wenn sie diese (legal) sehen wollen.

Der Hauptgrund für die Maßnahme seitens Disney ist also Einsparung von Kosten bzw. die Hoffnung auf neue Mehreinnahmen, um die kürzlichen Kinoflops und Einnahmenausfälle durch die Streiks zu kompensieren. Damit stößt man Filme-Sammler vor den Kopf, die zuhause hunderte oder tausende DVDs oder BluRays horten, gleich einer Bibliothek, und oft viele Jahre und Herzblut in ihre Sammlungen investierten. Wenngleich die weite Verbreitung von digitalen Streaming-Inhalten ein Faktum ist, sollte das nicht die parallele Existenz physischer Medien ausschließen. Immerhin käme auch niemand auf die Idee, die Produktion von gedruckten Büchern einzustellen, weil es jetzt E-Books gibt.

Dass Disney mit diesem Schritt Schule machen wird, ist also eher unwahrscheinlich, auch wenn manche kürzlich erschienene und eher fragwürdige Artikel zu diesem Thema vom „Ende der Ära des physischen Medium“ schrieben. Neben den großen Produktionsfirmen, die neben der Kinoauswertung hauseigene Streamingdienste als Absatzmarkt etabliert haben (+digitale Sales) und rein finanziell mitunter auf die DVD/BluRay-Verwertung verzichten können, gibt es viele, kleinere Verleihe, die ausschließlich auf die Produktion physischer Medien (ergänzt durch VOD-Verkauf) setzen. Die meisten derer direct-to-video Inhalte würden sonst bei uns nie erscheinen und Verleihe wie Busch Media, Splendid Film oder oder Plaion Pictures (vormals Koch Media) finanzieren sich Größtenteils über physischer Verkäufe und versorgen die Sammler-Community und Nischen des Marktes immer wieder mit interessanten Produkten.

Kurzfristig mag Disney mit dem Ende des DVD/BluRay-Verkaufs etwas Geld einsparen. Gleichzeitig enttäuscht man einen nicht unerheblichen Teil der Community, Sammler, aber auch Familien, die die Lieblings-Disney-Filme ihrer Kinder (oder ihrer Kindheit) gern auf DVD oder BluRay zuhause haben oder hatten. Die Disney-Führungsriege – so wie auch jene anderer, großer Produktionsfirmen – sollte sich stattdessen vielleicht lieber mit der Forderungen der streikenden Kreativen befassen, als nur auf die eigenen Gehälter zu achten und die Film- und Serienproduktion und deren Distribution einzig an finanziellen Parametern zu orientieren.

Titelbild: (c) filmpluskritik / Textbild: Von Angela George, CC BY-SA 3.0, Link