Der frisch gebackene College-Absolvent Jaime Reyes (Xolo Maridueña) kehrt hoffnungsvoll in seine Heimat zurück. Doch er muss feststellen, dass sein Zuhause längst nicht mehr so ist, wie er es einst zurückgelassen hat. Seine Familie hat mit finanziellen Problemen zu kämpfen, der Verlust des Hauses steht kurz bevor. So nimmt Jaime gemeinsam mit seiner besserwisserischen Schwester einen Aushilfsjob bei der reichen Victoria Kord (Susan Sarandon) an, die ein Rüstungsunternehmen führt. Deren Nichte Jenny (Bruna Marquezine) bietet Jaime ein Vorstellungsgespräch bei Kord Industries an. Dort gelangt er unerwartet in den Besitz des „Skarabäus“ – eines uralten Relikts, das auf außerirdischer Biotechnologie basiert.

von Christian Klosz

Als der geheimnisvolle Käfer ihn als symbiotischen Wirt auswählt, sieht sich Jaime plötzlich mit einer fantastischen Rüstung ausgestattet, die ihm außergewöhnliche Kräfte verleiht. Schnell wird klar, dass sich sein Leben für immer verändern wird: Jaime wird zum Superhelden Blue Beetle. Doch Kord Industries und dessen Chefin Victoria hatten mit dem Skarabäus ganz andere, gefährliche Pläne: Ein wilde Jagd auf Jaime und seine Familie beginnt.

Ein weiterer Superhelden-Flop: Die Gründe

„Blue Beetle“ ist die erste Realverfilmung der gleichnamigen DC-Figur. Ursprünglich sollte das Werk, das sich als „Familien-Superhelden-Unterhaltung“ bezeichnen lässt, bei HBO Max als Streamingtitel erscheinen, schließlich entschied man sich doch für einen Kinostart unter dem Schirm von Warner. Angesichts des gefloppten Anlaufs in den Lichtspielhäusern (weltweit knapp 50 Mio. $ bei einem Budget von über 100 Mio. $), aber auch des generischen Charakters von „Blue Beetle“, hätte man es dabei belassen sollen.

Denn der Film ist das Paradebeispiel eines völlig uninteressanten, ethno-spezifischen Superhelden-Films. So gut wie alle Hauptcharaktere (außer der Bösewichtin, die weiß ist) sind hispanics, das gilt sowohl für die Figuren selbst, als auch für deren Darsteller. Daran ist nichts auszusetzen, allerdings wirkt diese Formel nach zahllosen anderen Beispielen (vor allem aus dem Hause Marvel) inzwischen doch etwas uninspiriert.

Uninspiriertes Ethno-Superhelden-Generikum für zu kleine Zielgruppe

Ein weiteres, zentrales Problem der Ethno-Schablone bei Big Budget-Blockbustern offenbart ein Blick auf die mauen Einspielergebnisse der ersten Tage: In den US-Kinos konnte sich „Blue Beetle“ zwar knapp auf Platz 1 setzen, allerdings ergaben Erhebungen, dass 40% der Besucher hispanics waren. Zielgruppe erreicht, könnte man meinen. Auf den zweiten Blick wird das Problem deutlich: Filme wie „Blue Beetle“ sind von ihrer Machart her kalkulierte Blockbuster, die mit mehreren hundert Millionen $ Einnahmen rechnen, um sich zu rentieren. Sie brauchen also ein globales Publikum. Wenn nun eine US-spezifische Bevölkerungsgruppe wie Latinos ins Zentrum der Geschichte gestellt wird, fehlt außerhalb der USA (und gegebenenfalls noch Lateinamerika) das Identifikationspotenzial fürs Publikum, insbesondere dann, wenn die ethnische Identität der Hauptfiguren und damit verbundene Spezifika derart in den Fokus gestellt werden wie hier.

Der Superheld als Kafka-Käfer

Über die (erzählerische) Qualität eines Films sagt all das nichts aus. Doch auch auf diesen Ebenen enttäuscht „Blue Beetle“ weitgehend. Das Plot-Gerüst lässt sich in wenigen Worten beschreiben: Unerwarteter hero-to-come kommt auf ungewöhnlichem Weg zu Superkräften; er lernt, mit ihnen umzugehen und sie einzusetzen; Bösewicht stellt sich in seinen Weg; Superheld rettet sich, seine Liebsten – und die Welt. Schema F also, mit marginalen Abweichungen: Die Superhelden-Werdung vollzieht sich hier als kafkaeske Verwandlung, als der Protagonist Gregor Samsa-artig (die Hauptfigur aus Franz Kafkas „Die Verwandlung“) Insektenbeine, Fühler und Panzer bekommt und plötzlich als Riesenkäfer durch das Haus krabbelt. Und der Film legt einen starken Fokus auf den Aspekt der „Familie“, die zum zentralen Sujet wird. Jaime muss die Welt nicht allein retten, sondern gemeinsam mit (und für) Onkel, Oma, Mama, Schwester und dem im Zuge der Mission verstorbenen, geliebten Vater.

Die Familie als letzte Rettung

Diese Betonung der Familie ist einer der gelungeneren Aspekte des Films, wird aber ebenso eindeutig mit dem Ethno-Gimmick verknüpft, wodurch der überhöhte Ethnozentrismus kurz droht, zur klischeehaften Karikatur zu werden: Edler Latino-Familiensinn gegen berechnenden, „weißen“ Egoismus (verkörpert durch Victoria Kord) quasi. Zumindest wird das Thema „Familie“ sympathisch und in Ansätzen humorvoll vermittelt, was so manchen Schmunzler hervorruft.

Gelungen umgesetzt ist zwar die Action, die technisch ordentlich, temporeich und mit gewissem Unterhaltungswert inszeniert wurde. In letzter Konsequenz bleibt sie aber nur zweckdienlich – und damit langweilig: Ein Superheldenfilm braucht eben zumindest ein Drittel seiner Laufzeit ordentliches Geballer, schnelle Schnitte und mehr oder weniger kunstvoll eingesetzte CGI-Effekte, um sich so nennen zu dürfen. Einen Mehrwert fürs Publikum – abgesehen von kalkulierter Reizüberflutung („Rummelplatz auf der Leinwand“) – gibt es nicht.

So ist das Ende des Films dann eher eine Erlösung (der Zuschauer). Dass noch zwanghaft versucht wird, „Blue Beetle“ als anti-imperialistischen Werk zu framen – ein Film mit über 100 Millionen US-Dollar Budget aus dem Zentrum der amerikanischen Kulturindustrie – ist schließlich ein Höhepunkt der unfreiwilligen Ironie.

Fazit

„Blue Beetle“ ist ein generischer Superhelden-Film nach Schema F mit technisch ordentlicher Umsetzung, aber völlig uninspirierter Handlung. Auch die sympathische Darstellung des Hauptdarstellers und in Momenten aufkeimendem Humor können nicht verhindern, dass er als weiterer (verdienter) Flop in die DC-Historie eingehen wird.

Bewertung

Bewertung: 5 von 10.

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Bild: © 2023 Warner Bros. & DCStars