Europas Rechten gilt Orbans Ungarn als Vorzeigemodell: Die Aufgabe „Wie degeneriere ich einen Staat in eine gelenkte Demokratie?“ hat der ungarische Regierungschef bekanntlich mit Bravour gemeistert – mit allen bekannten Nebeneffekten der Etablierung eines durch Populismus, Korruption, unfreie Medien und Autokratie gekennzeichneten Systems.

von Christian Klosz

In seinem Angriff auf die liberale Demokratie und Gesellschaft machten Victor Orban und seine Partei auch vor Gesetzen nicht Halt: Erst wurde Obdachlosigkeit „verboten“, dann Transsexualität (um nur einige Bespiele zu nennen). Als Resultat wurden und werden viele Menschen an den Rand gedrängt, nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern zudem diskriminiert von einer durch gezielt gesäte Ressentiments aufgestachelten Gesellschaft. Davon handelt der Dokumentarfilm „Fairy Garden“ (OT „Fanny Kertje“) des ungarischen Regisseurs Gergő Somogyvár, der dieser Tage im Rahmen des Crossing Europe Festivals in Linz zu sehen ist. (Spielzeiten siehe unten).

Er erzählt von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen der ungefähr 20-jährigen Transfrau Fanni und dem 40 Jahre älteren Laci, der sie in seine selbst gebastelte Behausung am Rande eines Waldstücks in der Nähe von Budapest aufgenommen hat und sich väterlich um sie kümmert, sie, die sonst keinen Platz zu leben und zu sein findet. Von ihrer Familie wurde sie verstoßen, wie sie erzählt, von der Polizei verfolgt, immer wieder landete sie beim Jugendamt oder in psychiatrischer Behandlung. Laci hingegen behandelt sie mit Offenheit, Toleranz, völlig „normal“ eben, akzeptiert sie so, wie sie ist, ohne großes Aufsehen darum zu machen. Er selbst wurde auch von der Gesellschaft verstoßen (oder verließ sie aus eigenem Antrieb?), die genauen Hintergründe erfahren wir nicht. Nun lebt er mit Fanni in einer „Zwecks-WG“, verbringt seine Tage mit dem Ausbau des „Anwesens“, während Fanni auf Youtube streamt und Fans (und Hatern) ihre Geschichte erzählt.

„Fairy Garden“ ist eine einfache, sensibel und unaufdringlich beobachtete Parabel über simple Akzeptanz, die nicht nur in Orbans Ungarn, sondern auch in unserer Gesellschaft immer weiter verloren geht. Der Film plädiert für Solidarität und nicht zuletzt für einen Humanismus, nach dem jede/r nach seiner oder ihrer Vorstellung leben und glücklich sein darf und soll.

Für Fanni gibt es ein Happy End, für Laci nicht. Und auch sein Fairy Garden, inzwischen durch jahrelange, mühsame Handarbeit gewachsen, mit Gemüsepflanzen bestückt, eine kleine Oase geworden, wird von Orbans Exekutoren zerstört. Ein aber nur kurzfristiger Sieg der gesetzlich festgeschriebenen Intoleranz, denn die Idee von Toleranz und Offenheit, von Liebe, lebt weiter, nicht zuletzt in diesem Werk.

Rating

Bewertung: 8 von 10.

(76/100)

Screenings beim Crossing Europe 2024:

2.5. 16:15 City Kino

3.5. 13:30 Moviemento

Bild: (c) Crossing Europe