Die 57. Internationalen Hofer Filmtagen finden vom 24. bis 29. Oktober 2023 statt. Neben den Film-Vorführungen vor Ort ist die Mehrzahl der Werke auch bei Online-Screenings auf der On-Demand-Plattform HoF zu sehen, wo Tickets für Online-Screenings erworben werden können. Online sind die Filme bis 5.11. verfügbar.

Film plus Kritik berichtet heuer ausführlich von den Hofer Filmtagen und widmet sich dabei insbesondere dem Online-Programm des Festivals.

Festivalprogramm: Übersicht

von Christian Klosz

„8 Tage im August“ – Kritik

Der alljährliche Sommerurlaub wird zur Verstörung: Helena, Adam und ihr Sohn Finn verbringen diesen wie jedes Jahr mit dem befreundeten Ehepaar Matti und Ellie inklusive Sohn am Meer in Süditalien. Der Trip ins sonnige Heiß ist zur Tradition geworden und auch heuer scheinen Strand, Wasser und la dolce vita ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Bis Sohnemann Finn plötzlich auf dem Weg vom Strand bewusstlos umkippt. Die heile Familien(urlaub)welt mit gewohnten Abläufen und festen Strukturen bekommt erste Risse, auch wenn Ärzte schnell Entwarnung geben.

Inmitten traumhafter Umgebung entwickelt sich der Urlaub zum Alptraum: „8 Tage im August“ erzählt vom Zerfall einer Normalität, vom erst langsamen, dann rasanten Abgleiten ins (zwischenmenschliche) Desaster. Kurz davor liegen alle noch am Strand, essen, trinken genüsslich Wein, schlürfen italienisches Eis, dann – wenige Stunden später – liegen Adam und Matti raufend am Boden eines militärischen Sperrgebiets, der eine den anderen blutig schlagend. Dazwischen war eigentlich nicht viel passiert, außer eine Anhäufung von Missverständnissen, Missgeschicken, kleinen Lügen, Ignoranz, die die heile Welt zum Erodieren gebracht hatte. Danach ist nichts mehr wie davor, selbst die standfest wirkende Beziehung zwischen Adam und Helena gerät ins Wanken, Abgründe tun sich auf, die davor nicht sichtbar waren, wie aus dem Nichts.

Es ist ein bemerkenswertes Porträt der brüchigen Natur von „Normalität“, des „Alltags“, der bürgerlichen Fassade, das Regisseur und (Co-)Drehbuchautor Samuel Perriard mit „8 Tage im August“ gelungen ist. Zugleich erzählt der Film subtil, auf einer Meta-Ebene auch von verlorenen Gewissheiten, vom Verlust von Normalität, der unsere multikrisengebeutelte Gegenwart durchzieht. Plötzlich funktioniert nichts mehr, die gewohnte Sicherheit ist weg, das Schöne verschwindet, die Protagonisten ohnmächtige Passagiere ihres Schicksals, das scheinbar höhere Mächte für sie bestimmt haben: Wenige aktuelle Werke sind derart aktuell, wenngleich „8 Tage im August“ keine Gegenwartsanalyse ist, auch kein Befund, sondern reine Darstellung und Beobachtung, ohne Antworten. Leise Hoffnung gibt das vorsichtig versöhnliche Ende. Eine filmische Entdeckung.

Bewertung

Bewertung: 9 von 10.

(92/100)

„8 Tage im August“
2023; Schweiz, Italien; 89 min
Regie: Samuel Perriard
Darsteller: Julia Jentsch, Florian Lukas, Sarah Hostettler

Bilder: (c) Catpics & Helios Sustainable Films