Bestimmte Namen öffnen bestimmte Türen. Ein Grundsatz, der sich auf viele Lebensbereiche übertragen lässt und auch im Metier des Bewegtbildes Anwendung findet. James Wan ist ein ebensolcher Name. Der Regisseur erschuf in den letzten Jahren nicht nur Genre-Meilensteine wie „SAW“ oder „The Conjuring“, sondern konnte mit „Aquaman“, einem der annehmbareren Auswüchse des DC-Universe, gar bereits anderweitig Fuß fassen. Der in Malaysia geborene Filmemacher könnte wahrscheinlich mit der verrücktesten Idee in ein Studio marschieren, irgendjemand würde sie produzieren wollen.
von Cliff Brockerhoff
Viel anders lässt sich auch nicht erklären wie es „Malignant“ vom Drehbuch auf die Filmrolle geschafft hat. Waren die Geschichten rund um das Ehepaar Warren oder der Start der ebenso beliebten Insidious-Reihe noch eher moderne Horrorfilme im klassischen Sinne, ist sein neuestes Werk ungefähr das krasseste Gegenteil, das einem in den Sinn kommt. Dabei führt schon der Trailer ein wenig in die Irre, erzählt von einem imaginären Freund, der Protagonistin Maddy seit frühester Kindheit verfolgt und nun auch im Erwachsenenalter terrorisiert. Als eine stadtweite Mordserie die Umgebung rund um Seattle erschüttert, ist Maddy sich sicher, dass Gabriel, so der Name des Fantasiefreundes von einst, für die Gräueltaten verantwortlich ist.

James Wan hätte es sich einfach machen können und ab nun die bereits zigfach erzählte Story rund um eine böse Präsenz auspacken können, die von Körper und Geist Besitz ergreift, beides vergiftet und durch Scharlatan Schlagmichtot ausgetrieben werden muss. Doch „Malignant“ geht andere Wege. Wege, die immer wieder rote Fäden zu knüpfen scheinen, nur um sie kurz darauf abrupt zu zerschneiden. Lange Zeit ergibt die Geschichte kausal wenig Sinn, startet mit einem familiären Drama und bindet typische Schockmomente ein, wirkt aber gleichzeitig permanent so, als wenn der nächste Twist hinter der Ecke lauert. Jene Ecken bekleidet Wan dabei gekonnt mit Schatten und Schemen, die die Neugier schüren und dazu anhalten jede Bildkomposition genau zu untersuchen. Womöglich versteckt sich in der Dunkelheit ja die Auflösung?
Jein. Ganz so einfach macht der Film es seiner Zuschauerschaft nicht. Die Suche nach Details bereitet zwar Freude, führt aber nicht zum Ziel – soweit sich dies nach der ersten Sichtung beurteilen lässt. Vielmehr fängt der Film an durch Rückblicke oder Monologe Gedankenstützen zu bauen, die hinterher so massiv werden, dass sie keine weitere Interpretation zulassen. Das ist insofern schade als das Wan mit allerlei Thematiken spielt, sich gegen Ende aber selber limitiert und zusehends in die Generösität entgleitet. Hätte er sich für die Abstraktion entschieden und mehrere Auswege angeboten, hätte „Malignant“ das Zeug zur großen Überraschung gehabt. Zu viele Konjunktive, denn der Kreis schließt sich letztlich auf eine Art und Weise, wie er es dann doch schon des Öfteren tat. Ohne Reibungspunkte, ohne Ambition und ohne Möglichkeit das Gesehene selbst zu reflektieren. Stattdessen schaufelt der Film den Betrachtern die Erklärungen mit Nachdruck in die hungrigen Hälse.
Unnötig, denn rein von den Voraussetzungen her ist der verquere Horror-Hybrid nichts, was in der Masse untergehen müsste. Klar, einige Effekte sehen arg dilettantisch aus, lassen sich jedoch mit bestimmten Faktoren der Handlung erklären, die an dieser Stelle aus spoilertechnischen Gründen aber nicht verraten werden. Die erzeugte Stimmung erinnert, nicht zuletzt aufgrund der Vermengung typischer Halloween’scher Schockakustik und einem speziellen 80er-Jahre-Vibe, an das Horrorkino vergangener Zeiten. Sogar die überstrapazierten Jumpscares lässt der Film größtenteils in der Mottenkiste liegen, der intendierte Fokus liegt mehr auf der Zurschaustellung und Verknotung möglichst vieler Subgenres, als auf der erzwungenen Stimulierung der Herzfrequenz. Diese resultiert höchstens aus dem phasenweise durchaus nennenswerten Gewaltgrad, der sich spielerisch in dieses wahnwitzige Konstrukt einfügt und in etwa erahnen lässt wozu James Wan fähig wäre – wenn man ihn komplett von seinen auferlegten Fesseln entbinden würde.

Fazit
Wie verrückt soll ihr nächster Film denn werden? James Wan: JA! „Malignant“ ist die visualisierte Symbiose aus Slasher, übersinnlichen Elementen und einer ordentlichen Portion 80’s Body-Horror. Das harmoniert nicht immer, strotzt aber zumindest vor Kreativität und bietet eine willkommene Abwechslung zum typischen Einheitsbrei, der einem sonst so an den Hinterkopf gepfeffert wird. Jumpscare-Jünger können geflissentlich passen, Nostalgiker dürfen einen Augapfel riskieren.
Bewertung
(68/100)
Bilder: ©Warner Bros.
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Klingt ja nicht uninteressant.
Ich war tatsächlich durchaus positiv überrascht, auch wenn der Film fernab eines Meilensteins agiert. Kurzweilige und recht blutige Unterhaltung bietet er aber allemal. 🙃 //cb
Vielleicht werde ich da irgendwann auch mal nen Blick reinwerfen.