Im Laufe des Jahres 2025 erschienen in diversen Publikationen Bestenlisten, die die Top-Filme der letzten 25 Jahre ermitteln sollten. Quantitativ dominiert wurden diese Listen wie so oft von Hollywood. Auffällig war aber, dass Filme von außerhalb der USA, insbesondere aus Asien, Hollywood-Produktionen nicht selten den Rang abliefen.
So landete auf Platz 1 – als bester Film des 21. Jahrhunderts – im viel diskutierten Ranking der New York Times Bong Joon Hos „Parasite“, gefolgt von „Mulholland Drive“ und „In The Mood For Love“. Im Ranking von Rolling Stone konnte P.T. Andersons „There Will Be blood“ den 1. Platz ergattern.
So lies es sich auf unsere Redaktion nicht nehmen, unseren „Senf“ zu dieser Diskussion beizutragen: In den letzten Monaten erstellte jede/r unserer Redakteur/innen Bestenlisten mit den persönlichen Top 25 Filmen seit 1.1.2000. Jedem Titel wurden Punkte zugeteilt (Platz 1: 25 Punkte, Platz 2: 24 Punkte usw.), die Punkte wurden anschließend addiert – und so ergab sich unsere Liste der besten Filme des 21. Jahrhunderts, die wir euch hier zum Jahresende präsentieren möchten. Wir freuen uns auf Feedback, eure persönlichen Top-Listen und angeregte Diskussionen in den Kommentaren!
Unser Ranking aus 2018 (mit sehr anderem Ergebnis)
Die besten Filme des 21. Jahrhunderts – by Film plus Kritik
Platz 10: „Before Sunset“ (2004)
Regie: Richard Linklater – Neun Jahre nach ihrer Wiener Nacht („Before Sunrise“) treffen Jesse und Céline in einer Pariser Buchhandlung wieder aufeinander. Richard Linklater gelingt das Kunststück, die Echtzeitdramaturgie des Vorgängers zu radikalisieren. „Before Sunset“ ist ein einziger, atemloser Gang durch die Stadt, während sich im Gespräch die Schichten verpasster Möglichkeiten freilegen.
Julie Delpy und Ethan Hawke spielen mit jener Mischung aus Vertrautheit und Vorsicht, die alte Liebe kennzeichnet. Die philosophischen Exkurse des ersten Teils weichen einer pragmatischeren Desillusion, ohne dass der Film seinen romantischen Kern verrät. (Pascal Ehrlich)
(28 Punkte)
Platz 9: „Blade Runner 2049“ (2017)
Regie: Denis Villeneuve – Was bedeutet es, Mensch zu sein? Und wie behandeln wir diejenigen, die zwar aussehen und sich verhalten wie Menschen, aber keine sind? Ridley Scott setzte sich in den 80ern in „Blade Runner“ mit diesen Fragen auseinander, als er Philip K. Dicks Roman zu einem der einflussreichsten Science Fiction-Filme überhaupt adaptierte.
Nur wenige wären dazu in der Lage, in solche Fußstapfen zu treten – Dennis Villeneuve hat es jedenfalls geschafft. Er widmet sich in seinem Sequel „Blade Runner 2049“ mit einer unvergleichbaren Hingabe dem Protagonisten seiner Geschichte und transformiert den philosophischen Dystopie-Stoff des Originals in eine Shakespeare’sche Tragödie, und das mit einer faszinierenden Ästhetik, die das Publikum regelrecht in Trance versetzt. So entstehen klassische Narrativen jenseits von Raum und Zeit. (Natascha Jurácsik)
(35 Punkte)
ex-aequo mit:
„The Dark Knight“ (2008)
Regie: Christopher Nolan – „The Dark Knight“ ist ein herausragendes Werk des modernen Superheldenkinos: Christopher Nolan gelingt mit dem Mittelteil seiner Batman-Trilogie ein Meilenstein, der insbesondere durch Heath Ledgers eindrucksvolle Darstellung des Jokers besticht. Ein Jahr nach den Ereignissen von „Batman Begins“ schließen sich Batman, Commissioner Gordon und Staatsanwalt Harvey Dent zusammen, um das organisierte Verbrechen in Gotham City zu bekämpfen. Doch mit dem Auftauchen des geheimnisvollen und verstörenden Jokers beginnt die Stadt zunehmend im Chaos zu versinken.
Was „The Dark Knight“ von anderen Superheldenfilmen unterscheidet, ist sein kompromissloser Realismus. Weder Mutanten noch fliegende Außerirdische bevölkern diese Welt. Stattdessen erschafft Nolan ein greifbares, düsteres Szenario, das auch Zuschauer anspricht, die mit dem Genre sonst wenig anfangen können. Deutlich spürbar ist die Inspiration durch Michael Manns „Heat“. Hans Zimmers eindringlicher Score verstärkt die Intensität und moralische Komplexität der Geschichte. (Christian Oehmigen)
(35 Punkte)
Platz 8: „Mulholland Drive“ (2001)
Regie: David Lynch – Wer gibt wem einen Schlüssel? Während solche Fragen bei einem klassischen Whodunnit eher anstrengen, verhält es sich mit „Mulholland Drive“ grundlegend anders. Das enigmatische Werk ist zweifellos weder klassisch noch schubladenartig einem bestimmten Genre zuzuordnen: Folgt es oberflächlich nur dem Eifersuchtsdrama einer aufstrebenden Schauspielerin, schlummern darunter wie bei einem Eisberg die großen Fragen. Spätestens mit Eintreten des unzuverlässigen Erzählers fordert der Film auf, selbst nach Bezügen zu suchen, in ein unergründliches Kaninchenloch zu fallen. Eine denkwürdige Szene folgt der nächsten, stets unter dem Dirigat hypnotischer Perfektion.
Ob es hier um die Albträume der Traumfabrik, das Labyrinth der Psyche oder den Wahn menschlicher Unzulänglichkeit geht, liegt schlussendlich in der Hand jedes einzelnen Interpreten. Zu den mysteriösen Hinweisen, die der Regisseur selbst als Deutungshilfe gab, gehört übrigens die eingangs gestellte Schlüssel-Frage. Und wer ist dieser Regisseur? Nun, wenn das Rätselhafte kein Selbstzweck wird, dann hat man es mit David Lynch zu tun. (Jonas Schilberg)
(36 Punkte)

ex-aequo mit:
„Chihiros Reise ins Zauberland“ (2001)
Regie: Hayao Miyazaki – Hayao Miyazaki bringt hier auf den Punkt, was Kindheit unabhängig von Kultur und Alter ausmacht – denn genau wie Chihiro ist man hin und her gerissen zwischen dem Wunder des Neuartigen und der Angst vor dem Ungewissen. Eine ganz einzigartige Welt wird dem Zuschauer in „Chihiros Reise ins Zauberland“ offenbart, die sowohl zauberhaft als auch verstörend ist. Doch bei all den Gefahren wird der jungen Heldin und auch dem Publikum immer wieder ans Herz gelegt, dass man nie wirklich allein ist.
Dabei stecken Miyazaki und das Team hinter Studio Ghibli so viel Herzblut in jede Figur, dass man sich in dem Reich der Geister und Drachen verliert und nicht genau weiß, ob man wirklich wieder nach Hause finden möchte. Ein Fantasy-Epos für sämtliche Altersgruppen, wie es eines kein zweites Mal geben kann und der Beweis, dass Animationsfilme weit mehr sein können als nur Unterhaltung für Kinder. (Natascha Jurácsik)
(36 Punkte)
Kulturkritik und Ökologie in Hayao Miyazakis “Chihiros Reise ins Zauberland“ | Filmanalyse

Platz 7: „Godzilla Minus One“ (2023)
Regie: Takashi Yamazaki – “Godzilla: Minus One” ein Genrefilm, der das Genre als Vehikel nutzt, um eine andere Geschichte zu erzählen, die darunterliegt: Yamazaki erzählt ein Drama über Schicksale, über Katastrophen und darüber, dass alles auch weitergeht und weitergehen muss, spannt einen interessanten Bogen von zeitgeschichtlichen Schicksalen des japanischen Volkes hin zu Idealen wie Ehre und dem ehrenvollen Tod und diskutiert dieses Spannungsverhältnis anhand der Figur Shikishima.
Der Film vergisst darüber aber auch nicht das Monster: Godzilla wird prachtvoll in Szene gesetzt, im Design erinnert die Echse stark an den Godzilla von 1954. Eine gelungene Rückkehr zu den Wurzeln des Franchise, das die US-amerikanischen Adaptionen der letzten Jahre locker in den Schatten stellt. (Richard Potrykus)
(40 Punkte)
Krise, Trauma und Überlebensschuld in „Godzilla Minus One“ | Filmanalyse
Platz 6: „There Will Be Blood“ (2007)
Regie: P.T. Anderson – Als Daniel Day-Lewis die Hauptrolle dieses Monumentalwerks angeboten wurde, zögerte er zunächst. Der Film begleitet Daniel Plainview, einen Ölbaron, der – unstillbar in seiner Gier – reicher und reicher wird. Analogien zum Aufstieg des Kapitalismus drängen sich unweigerlich auf: Menschliche Verkommenheit, immerwährendes Konkurrenz-Denken und eine Erosion des Traditionellen sind Begleiterscheinungen dieses Systems, Plainview notwendige Konsequenz.
So geht in „There Will Be Blood“ Charakterstudie in Gesellschaftsanalyse über. Festgehalten in bahnbrechenden, beklemmenden Aufnahmen und einer Bildsprache, die Dialoge überflüssig macht. Pochend zerrüttet die Filmmusik Jonny Greenwoods des Zuschauers Gedanken. Die disharmonischen Streicher und Klaviertöne machen in einem Atemzug die Düsternis des Erzählten greifbar und lassen die ständige Unsicherheit des Rezipienten brodeln – den Sog zum Strudel erweiternd, der zweieinhalb Stunden in Bann zieht.
Vor alldem steht das Glück, dass Day-Lewis die Rolle letztlich annahm. Sein herausragendes Spiel ist nicht nur unvergesslich, erschaudernd großartig sind die finalen Worte: „I’m finished“ – ja, finished, das ist der Zuschauende nach solch einem Werk ebenfalls. (Jonas Schilberg)
(45 Punkte)
Platz 5: „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ (2001)
Regie: Peter Jackson – Als 2001 „Der Herr Der Ringe: Die Gefährten“ in die Kinos kam, war dies das Ergebnis einer Produktionszeit von über acht Jahren, in denen getüftelt, geschminkt, eingekleidet, gedreht, geschnitten, vertont und bepflanzt wurde. Allerdings: Auch bepflanzt, denn in der Trilogie gibt es so manch Handgemachtes, wie etwa das Herrichten von Hobbingen, dem Dorf der Familie Beutlin. Lange vor Drehbeginn war man angereist, um Löcher zu graben, Hügel aufzuschütten und Türen zu installieren und damit alles so bewohnt wie möglich aussieht, mussten so einige Pflanzen früh genug Wurzeln schlagen.
Dieses kleine Detail steht stellvertretend für all die Leistungen, die in die wohl einprägsamste Trilogie der Filmgeschichte geflossen sind, und im Besonderen gilt dies für den ersten Teil, „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“. Er leitet das große Abenteuer ein, benennt wesentliche Figuren, Orte, Ziele, Nöte. Die Musik von Howard Shore, die liebevollen Inszenierungen und der großartige Spannungsaufbau voller Hoffnung und Freundschaft machen diesen Film zur Benchmark und heutige Regisseur*innen großer Sagas täten gut daran, sich hiervon inspirieren zu lassen. (Richard Potrykus)
(48 Punkte)
Kritik zu „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“
Platz 4: „Inglourious Basterds“ (2009)
Regie: Quentin Tarantino – Darf man Geschichte retrospektiv um- und neuschreiben, selbst wenn es sich dabei um das dunkelste Kapitel derselben in moderner Zeit, den nationalsozialistischen Holocaust, handelt? Ja, meinte Tarantino, und schuf mit „Inglourious Basterds“ seinen wohl besten und wichtigsten Film. Die kalkulierte Provokation, die dem Werk eingeschrieben ist (und einen Teil seines Erfolgs ausmachte) trieb der Autor-Regisseur zur Spitze, indem er seinen durchaus geschichtsbewussten Stoff als pulpy Rachegeschichte anlegte, der an den wichtigen Stellen dennoch nicht Akkuratesse und Feingefühl fehl(t)en.
Das Highlight dieses perfide unterhaltsamen Exkurses in Geschichtsrevisionismus ist – neben einer genial konstruierten Eröffnungssequenz – zweifellos das Schauspiel von Christoph Waltz, den davor abseits der Wiener Filmszene keiner kannte. Sein Hans Landa verbirgt seine Monstrosität hinter einer schleimig-charmanten Fassade aus Charisma und mondäner Kultiviertheit, die seine Unmenschlichkeit umso durchtriebener und grausamer macht. (Christian Klosz)
(51 Punkte)

Platz 3: „Lost in Translation“ (2003)
Regie: Sofia Coppola – Sofia Coppolas zweiter Spielfilm inszeniert die Begegnung zweier Amerikaner im fremden Tokio als schwebendes Kammerspiel der Isolation, gefüllt mit Ennui. Bill Murray und Scarlett Johansson verkörpern mit sparsamer Gestik jene Melancholie, die entsteht, wenn Jetlag und Lebensmüdigkeit ununterscheidbar werden. Die Stadt fungiert dabei weniger als exotische Kulisse denn als akustische Textur: Ein Rauschen, das die Einsamkeit der Figuren zugleich verstärkt und auffängt.
Coppola verzichtet in „Lost in Translation“ klug auf narrative Zuspitzung; Stattdessen verdichtet sie das Ephemere – flüchtige Blicke und halbfertige Sätze – um das menschlichen Begehren nach Gesellschaft zu verdeutlichen. Der berühmte geflüsterte Abschied bleibt folgerichtig unhörbar: Intimität als das, was sich der Repräsentation entzieht. (Pascal Ehrlich)
(57 Punkte)
Platz 2: „Oppenheimer“ (2023)
Regie: Christopher Nolan – Man kann von Nolan halten, was man will, doch mit „Oppenheimer“ gelang dem wohl prägenden Mainstream-Filmemacher der letzten Jahrzehnte sein Opus Magnum, sein Meisterwerk, das in seiner cineastischen Qualität seine anderen Filme in den Schatten stellt.
„Oppenheimer“ ist dabei nicht nur große Filmkunst, sondern auch eine Parabel über die Krux des Fortschrittsdenkens: Sein gleichnamiger Protagonist, ein Physiker-Genie, überzeugend gespielt von Cillian Murphy, wird im Glauben, das Richtige zu tun, zum „Vater der Atombombe“. Zu spät erkennt er die Schattenseiten seines Durchbruchs, der auch Dammbruch für ein nukleares Wettrüsten und Aufbruch in den Kalten Krieg werden sollte. Mit seinem der hinduistischen Bhagavad Gita entnommenen Ausspruch „Now I am become Death, the destroyer of worlds“ fasste Robert Oppenheimer die Tragik seiner bahnbrechenden Entdeckung in bemerkenswerter, historisch-prophetischer Selbstbewusstheit zusammen. (Christian Klosz)
(65 Punkte)

Platz 1: „Mad Max: Fury Road“ (2015)
Regie: George Miller – Eine Gruppe fährt von A nach B, fährt zurück nach A und kämpft gegen die Leute, vor denen sie eigentlich geflohen ist: Das ist die komplette Handlung von „Mad Max: Fury Road“ aus dem Jahr 2015. Mehr hat der Film von zwei Stunden Länge nicht zu bieten. Dialoge beschränken sich auf ein Minimum. Hintergrundgeschichten gibt es, wenn dann doch mal geredet wird. Das klingt sehr zynisch und trotzdem ist die Welt rund um die Fury Road unfassbar reichhaltig.
In nur wenigen Einstellungen, mit kaum mehr als auf den Punkt gebrachter Mimik der Figuren und einem verspielten Setdesign erzählt George Miller seinen vierten Teil der „Mad Max“-Reihe. Die Verfolgungsjagden sind episch. Explosionen, wilde Manöver und einfallsreiche Kunststücke bilden den Kern des Films. Und doch findet sich die Zeit, um Botschaften zu kommunizieren. Wann gilt eine Gesellschaft als fruchtbar? Wie gehen wir mit Ressourcen um, angesichts des sich stetig verändernden Klimas? „Mad Max: Fury Road“ ist ein grandioser Film und zeigt, wozu das Medium im Genre Action in der Lage ist. (Richard Potrykus)
(81 Punkte)

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